Bregenzer Festspiele: Uraufführung von "Hold Your Breath" positiv

Bregenzer Festspiele: Uraufführung von "Hold Your Breath" positiv
Die Uraufführung von "Hold Your Breath" im Rahmen der Bregenzer Festspiele wurde heftig beklatscht.

Für die "Zauberflöte" brachte David Pountney vor zehn Jahren als Intendant der Bregenzer Festspiele allerlei Getier an den See. Nun kehrte der Brite für das mit der irischen Komponistin Éna Brennan und dem Künstler Hugo Canoilas geschaffene "Hold Your Breath" mit einem Riesenkraken zurück. Bei der heftig beklatschten Uraufführung der "Opera in promenade" am Donnerstag konnte man mit den Ausführenden auf Tuchfühlung gehen. Kernthema ist die menschengemachte Umweltzerstörung.

Fokus: Umweltschutz

Dem Publikum der dritten Produktion des in Kooperation mit dem Kunsthaus Bregenz installierten Opernateliers gefiel auf der Werkstattbühne die Möglichkeit zu engem Kontakt zu den Mitwirkenden und zu Wechsel der Betrachtungsperspektive hörbar. "Der Zustand der Umwelt ist heute das wichtigste Thema überhaupt. Es ist schade, dass nun Kriege die Aufmerksamkeit der Menschen von diesem essenziellen Thema ablenken", erklärte David Pountney seine Intention im Gespräch mit der APA. Die Form der Aufführung entspreche dem Ort. Das erst vor wenigen Monaten fertiggebaute Foyer ermögliche es ihm nun, die Werkstattbühne in ihrem gesamten Ausmaß zu nutzen.

Intendantin Elisabeth Sobotka engagierte ihren Vorgänger (2004 bis 2014) für ein Projekt, das mit seinen wie ihren Intentionen in Verbindung zu bringen ist. Beiden ist zeitgenössisches Musiktheater ein Anliegen. Neben der Komponistin auch den Ausstatter sowie den Librettisten und Regisseur als Urheber zu nennen, ist berechtigt. Die drei Künstler betonten bei jedem Einblick - dieser während des Entstehungsprozesses veranstalteten Abende mit Publikum - ihr Teamwork. Das hat nun dazu geführt, dass die Werkstattbühne eine fast 40 Meter lange Oktopus-Skulptur umspannt, dass die Musikerinnen und Musiker im Raum verteilt auf Podien sitzen oder gar damit bewegt werden und dass ein Teil des Publikums nicht nur passiv konsumiert.

Zerstörung durch Menschen

Dessen Aktivität beschränkt sich zwar fast nur auf ein Herumwandeln, was aber die optische wie auch die akustische Wahrnehmung, also das Hineinhören in Musik- und Textpassagen intensiviert. Als Librettist erzählt Pountney keine lineare Geschichte. Die Textflächen, die sich Sprecher, Führer, eine junge Frau und nicht immer näher zu identifizierende Personen teilen, sind einerseits dazu da, das Publikum zu koordinieren, sie entlarven andererseits aber auch Manipulation und gipfeln unter anderem mit Passagen aus Kinderreimen in der Darstellung eines Planeten kurz vor dessen Zerstörung durch die Menschen.

Vielschichtige Reize nehmen der Umsetzung des Themas etwaige Plakativität. Erzeugt werden sie durch die Choreografie von Caroline Finn mit den Tänzern Hellen Boyko, Petr Nedbal und Romane Ruggiero sowie durch die Arbeit von Hugo Canoilas. Durch sein filmisch projiziertes monumentales Gemälde von Gesteinsformationen, einer Unterwasserwelt sowie Krakententakeln und überhaupt mit dem sich von der Decke herabsenkenden Oktopus. Seine sieben Arme sind übrigens kein Versehen, in der Natur gibt es diesen als Haliphron atlanticus wirklich.

Publikum muss Atem anhalten

Dem Tier geht am Ende die Luft aus. Das Publikum wird aufgefordert, den Atem anzuhalten und das vergiftete Podium zu verlassen. Die Stimmen von Maria Hegele, Idunnu Münch und vor allem der Sopranistin Shira Patchornik sind allerdings so traumhaft schön, dass das nur zögerlich erfolgt. Auch Bariton Scott Hendricks und Tenor Sam Furness verdeutlichen, dass die Stärken von Éna Brennan dieses Mal in den Vokalpartien liegen. Die Komposition für Violine, Bratsche, Cello, Bass, Horn, Trompete, Posaune und Tuba ist konventionell, ausgeführt von Mitgliedern des Symphonieorchesters Vorarlberg unter der Leitung von Karen Ni Bhroin, aufgrund der Positionierung der Instrumentalisten aber enorm herausfordernd.

Gemixt mit historischen Referenzen, mit Electronic und Naturtönen, die unter anderem im Bodensee aufgenommen wurden, steht keine Innovation im Vordergrund, jedoch das, was man vorhatte. "Hold Your Breath" ist als Collage oder besser als begehbare Installation zu bezeichnen, deren musikalischen, textlichen und optischen Elemente gleichwertig erscheinen. Hergeleitet auch von den sogenannten Masques von Henry Purcell, mit denen sich Pountney jüngst für seine satirische Oper "The Masque of Might" beschäftigte, zielt das Werk auf den Wahrnehmungswillen, der beim Publikum offensichtlich aktiviert war und entzieht sich der Einordnung ins neue Musiktheaterschaffen.

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