APA - Austria Presse Agentur

"Hollands Meister" als Reise durch die Ballettmoderne

Drei erprobte Werke der Ballettmoderne hat der neue Direktor des Wiener Staatsballetts, Martin Schläpfer, für seine erste Premiere in der Volksoper kombiniert. Das Publikum feierte "Hollands Meister", das drei Stücke der ehemaligen Leiter des Nederlands Dans Theaters zu Musik von Rossini, Beethoven und Strawinski vereint, am Sonntag mit Jubelrufen und langem Applaus.

Schläpfer beginnt den Abend mit dem neuesten Werk, dem 1996 entstandenen "Skew-Whiff" von Sol Leon und Paul Lightfoot. Die Bühne ist in Schwarz gehalten, nur goldgelber Nebel beleuchtet den Tänzer, der zum einsetzenden Trommelwirbel der Ouvertüre von Giacomo Rossinis "Diebischer Elster" die Bühne betritt. "Schräg" oder "windschief" könnte man den Titel des Stücks, das das Choreografenduo vor zehn Jahren schon einmal mit dem Wiener Staatsballett zur Aufführung brachte, übersetzen. Drei Tänzer und eine Ballerina wirbeln über die Bühne, wackeln mit dem Po und schneiden Grimassen. Die rasante, ausdrucksstarke Choreografie sorgt für Schmunzeln und wird bejubelt.

Nach der Pause wird dem kurzen, temporeichen "Skew-Whiff" van Manens "Adagio Hammerklavier" (1973) entgegengesetzt. Kommt die Musik den restlichen Abend über vom Band, spielt hier Shino Takizawa das schwermütige Adagio aus Beethovens "Großer Sonate für das Hammerklavier" live auf dem Klavier. Drei Paare schweben über die Bühne, der präzise Tanz auf Spitzenschuhen wird immer wieder zum Balanceakt. Eindrucksvoll bewegen sich die Tänzer wie in Zeitlupe, lassen klassische Elemente mit modernen verschmelzen.

Geprobt wurde mit Mundschutz, wie im Video auf der Homepage der Volksoper zu sehen ist, und vor jeder Pause folgt per Durchsage die Erinnerung, die Maske zu tragen, doch den Stücken merkt man die Pandemie nicht an. Enge Pas de deux sind genauso Teil des Programms wie ein großes Ensemble. Beim letzten Werk des Abends stehen gleich 16 Tänzer gemeinsam auf der Bühne. Schwere dunkelrote Wandteppiche bilden den Rahmen für Jiri Kylians "Symphony of Psalms" (1978), das erst im vergangenen Jahr in der Staatsoper gezeigt wurde. Acht Tänzerinnen und acht Tänzer bewegen sich zu den erhabenen Klängen von Strawinskis Chor. Sie knien, schlagen die Hände vors Gesicht und bilden mit geschlossenen Beinen und ausgestreckten Arme Kreuze.

Mit Schläpfer übernahm ein moderner Choreograf das traditionelle Staatsballett. Das Wiener Publikum müsse aber keinen radikal zeitgenössischen Zugang von ihm befürchten, sagte Schläpfer in einem Interview - das zeigte sich jedenfalls an diesem Abend. Alle drei Werke, in den 70ern bzw. 90ern entstanden, wurden schon einmal - wenn auch nicht dieser Kombination - vom Wiener Staatsballett auf die Bühne gebracht. Spannender in programmatischer Hinsicht könnte es am 24. November werden, wenn sich Schläpfer in der Staatsoper mit der ersten Uraufführung für die neue Compagnie vorstellt.