Horváths "Der jüngste Tag" in Reichenau exzellent inszeniert
Die tragische Geschichte vom pflichtbewussten Bahnhofsvorstand Hudetz, der sich von der Wirtshaustochter Anna ablenken lässt, ein Signal zu spät stellt und damit den Tod von 18 Menschen verursacht, hat Happel mit viel Gespür für ländliche Mentalität und unter der Prämisse, dass sich das Werk mit seinen Verweisen auf Viadukt und Bahnlinie passend in die Reichenauer Landschaft einfügt, zu einem Musterexempel im Sinne von Horváths "Gebrauchsanweisung" gestaltet. Da passt jedes Detail, jeder Zwischenton, jede Geste. Gespannt folgt man dem Verlauf des Geschehens.
Ein grandioses Ensemble ohne Schwachstellen hat Happel zusammengestellt: Daniel Jesch ist der ebenso korrekte wie suspekte Hudetz, Mercedes Echerer seine verdrossene Ehefrau, Johanna Mahaffy eine provokant-verletzliche Anna, Kaspar Simonischek ihr eifersüchtiger Verlobter, Wolfgang Hübsch ein gestrenger exzellenter Staatsanwalt, Dunja Sowinetz die intrigante Frau Leimgruber, Rainer Friedrichsen ein dämonischer Heizer. Horváth-Figuren wie aus dem Bilderbuch.
Mit sparsamen, aber wirkungsvollen Mitteln gestaltet Alexandra Burgstaller das Bühnenbild. Ein Tisch und ein paar Wimpel reichen für das Wirtshaus, Bahnwärterhaus und Viadukt erstehen über den Eingängen zum Spielraum, der diesmal sogar über eine Drehbühne verfügt, gleichsam ein groteskes Ringelspiel. Im Programmheft meint Happel: "In einer Arena zu spielen ist eine eigene Kunst." Eine Kunst, die sie offenbar vorzüglich beherrscht.
(Von Ewald Baringer/APA)
(S E R V I C E - Ödön von Horváth: "Der jüngste Tag". Regie: Maria Happel, u.a. mit Daniel Jesch, Mercedes Echerer, Wolfgang Hübsch, Nicolaus Hagg, Alexander Rossi, Johanna Mahaffy. Festspiele Reichenau. Weitere Vorstellungen bis 4. August. Tickets und Information: www.festspiele-reichenau.at)
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