APA - Austria Presse Agentur

Housewarming am Volkstheater: Voges tritt zum "Endspiel" an

Früh geht es los bei der Premiere von Volkstheater-Direktor Kay Voges' "Endspiel" am Mittwoch. "Dann werde ich dich verlassen", schreit einer der Protagonisten auf der Bühne, während die Zuschauer noch den Raum betreten. Die Szene wiederholt sich und die Versuche, den anderen zu verlassen, bleiben aussichtslos. Der Ton des Beckett-Stücks steht damit fest: Veränderung ist unmöglich in diesem genial intensiven Schauspiel über zwei in einer Welt, die am Abgrund steht.

Schließlich schließt sich mit der Tür auch die Endlosschleife, und Purl (Uwe Schmieder) und Lum (Frank Genser) beginnen ihren absurden Alltag. Ihre von Hoffnungslosigkeit geprägten Tage leben sie in einem engen schwarzen Zimmer aus. Fenster, Heizung, Kommode und Gewehr sind mit weißer Kreide an die Wand gemalt. Purl ist blind, an einen Stuhl gebunden und auf den jüngeren Lum angewiesen. Die begrenzte Bewegungsfreiheit und die Blindheit - seine Augen sind hinter der dunklen Brille verklebt - macht Schmieder durch die ausdrucksstarke Mimik seines weiß geschminkten Gesichts wett, das er zu verzweifelten Grimassen verzerrt. Lum ist lahm und wackelt schwerfällig und mit rudernden Armen durch den Raum.

Voges hat "Endspiel" von Dortmund nach Wien geholt. Samuel Becketts Clov und Hamm heißen hier Lum und Purl und stammen eigentlich aus der Feder des deutschen Autors Wolfram Lotz. Über dessen Stück "Einige Nachrichten an das All" hat Voges einen Film gemacht und die Charaktere in das Beckett-Universum übersetzt. Um an diesem "Endspiel" Freude zu haben, ist es aber nicht notwendig, das Lotz-Stück zu kennen. Wie im Original finden sich Lum und Purl in einer von gegenseitiger Abneigung geprägten Beziehung wieder. Da sie einander aber auch brauchen in einer postapokalyptischen Welt, in der es "keine Natur" und scheinbar auch keine Menschen mehr gibt, gibt es für beide kein Entrinnen.

In ihren immer gleichen Tagen treibt Purl sinnlose Spielchen mit Lum, weist ihn an, ihn ungefähr genau in die Mitte des Zimmers zu stellen oder stellt ihm in Aussicht, ihm nichts mehr zu essen zu geben. "Früher liebtest du mich", sagt Purl, und auch das scheint nur Teil des tragikomischen Spiels. Lum will ihn verlassen, kann die offene Tür aber nicht durchschreiten. Ist das das Ende? Oder wird dieses Spiel noch ewig so weitergehen? Wenn sie einander nicht gerade quälen, blickt Lum mit dem Fernrohr durch das Fenster mit der Aussicht "Null", wo schon der nächste Schrecken lauert.

Jeder Schritt Lums ist laut und bedrohlich und wird von einem Aufflackern der von der Decke hängenden Glühbirne begleitet. Besonders macht das Stück neben der großartigen schauspielerischen Leistung vor allem die Geräuschkulisse: Von den Schritten über das schräge Lachen und das Fallenlassen von Gegenständen, die sich jedes Mal klirrend in einem Scherbenmeer aufzulösen scheinen, wird das Stück von Anfang bis Ende sekundengenau durch Live-Sound verstärkt. Nicht verstärken muss man die Stimmen von Lum und Purl. Es wird viel geschrien auf dieser Bühne, und den Schauspielern ist der Kraftaufwand, den man für ein Spiel von derartiger Intensität aufbringen muss, nach Fallen des Vorhangs deutlich ins Gesicht geschrieben.

(S E R V I C E - "Endspiel" von Samuel Beckett, Regie: Kay Voges, Bühne: Michael Sieberock-Serafimowitsch, Kostüm: Mona Ulrich, Live-Sound: Mario Simon, Sebstian Hartl, Mit: Frank Genser und Uwe Schmieder. Volkstheater Wien. Weitere Spieltermin: 3.6.; Karten: www.volkstheater.at, +43 1 52 111-400, kartenservice@volkstheater.at)