APA - Austria Presse Agentur

"Idalma" als umjubelte Eröffnungspremiere in Innsbruck

Wenn sich Intrigen und Eifersucht in ein Knäuel amouröser Turbulenzen verknoten, und sich die Handlungsstränge am Ende plötzlich entwirren, ist es möglicherweise eine seichte Geschichte. Gebettet auf exquisite Barockklänge nach Noten von Pasquini, dirigiert vom begabten Intendanten Alessandro De Marchi, wird daraus eine kurzweilige Zeitreise. Die Premiere der Oper "Idalma" erntete im Rahmen der 45. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik am Freitagabend tosenden Applaus.

Die 1680 in der Ewigen Stadt uraufgeführte Karnevalsoper "L'Idalma overo Chi la dura la vince" ist eine von drei szenischen Opern, die dieses Jahr im Rahmen der Festwochen dargeboten werden. De Marchi, der als musikalischer Leiter abermals am Dirigentenpult des international hochkarätig besetzten Festwochenorchesters steht, bringt damit erstmals eine Oper von Bernardo Pasquini zu Gehör. Gekonnt haucht er einem fast vergessenem Stück - die Oper wurde seit 340 Jahren nicht mehr aufgeführt - neues Leben ein. Entstaubt wird die Opernrarität von einer erstklassigen Besetzung in üppigen Kostümen, angeführt von Sopranistin Arianna Vendittelli und Tenor Rupert Charlesworth in den Hauptrollen.

Venditelli spielt Idalma, eine treuherzige Neapolitanerin adliger Abstammung, die mit ihrem heimlichen angetrauten Ehemann Lindoro dessen Heimatstadt Rom besucht. Dort entflammt allerdings erneut dessen Liebe zu seiner Ex Irene. Während Idalma schläft, macht sich der von alten Gefühlen liebestaumlige Lindoro aus dem Staub, um Irenes Gunst mit inbrünstig dargebrachten Arien wieder zu gewinnen. Dass die Verflossene mittlerweile seinen Freund Celindo geheiratet hat, scheint für ihn dabei kein Hindernis darzustellen.

Als Idalma verlassen in der fremden Stadt erwacht, und erkennt, dass sie hintergangen wurde, wird sie sentimental. Ausgerechnet Irenes Bruder Almiro findet die Verzweifelte und verliebt sich flugs unsterblich in die Schöne. Idalma aber bleibt standhaft. Irene, noch nichtsahnend, dass sie der Grund für die überstürzte Flucht Lindoros ist, tröstet Idalma. Ab diesem Punkt reiht sich ein Missverständnis an das nächste, Selbstmordgedanken und Mordgelüste sind die Folge. Idalma besingt kräftig und mit mitreißender Mimik ihren Herzschmerz. Die Männer tigern im Versuch, ihre verletzte Ehre zu rächen, virtuos tönend und mit Gewehr und Dolch bewaffnet über die Bühne. Blut wird keines vergossen. Im dritten Akt kommt schließlich die Wahrheit ans Licht. In allgemeiner Versöhnung schließen sich die geläuterten Paare Idalma und Lindoro sowie Irene und Celindo in die Arme.

Das recht vorhersehbare aber vor großen Gefühlen strotzende Libretto hat Pasquini exquisit vertönt. Getragen von den hellsilbrigen Klängen des Cembalos wechseln sich lustvolle, folkloristische Passagen mit ernsten, reduzierten Dialogen ab. Musikalischer Witz und eine gewisse Leichtfüßigkeit entführen das Publikum auf eine kurzweilige Zeitreise.

Entstaubt wird nicht nur das Stück, sondern auch die Szenerie, für die Bühnenbildnerin Nathalie Deana verantwortlich zeichnet. Im Hintergrund des Liebesdramas wird ein Palazzo restauriert. Dabei laufen die beiden Ebenen parallel, und fließen nur zwischendurch ineinander, etwa als Lindoro die Zigarette der Bauingenieurin ausbläst oder ein erbitterter Streit zu einem Stromausfall auf der Baustelle führt. Etwas befremdlich ist die Passage, in der Irenes Page das Handy der Bauingenieurin findet, es schüttelt und darauf beißt. Doch meist geht das Regiekonzept der jungen Regisseurin Alessandra Premoli auf - als Paradebeispiel für die Entstaubung eines alten Meisterwerks, aber auch als Besinnung auf das diesjährige Leitmotiv der Innsbrucker Festwochen: "Perspektiven". Möglicherweise sind die Bauarbeiten im Hintergrund auch ein augenzwinkernder Verweis auf den Umbau im Landestheater Innsbruck, aufgrund dessen die Opern heuer im Haus der Musik dargeboten werden.

Am Schluss sind nicht nur die Paare versöhnt, sondern auch die Bauarbeiten fertiggestellt. Das Gefühls-Wirr-Warr ist entknotet und Vergangenheit und Gegenwart finden zueinander: Im Palazzo werden Gemälde der Opernprotagonisten enthüllt. Dann fassen eine Inschrift im Hintergrund und der Page im Vordergrund die Moral der Geschichte zusammen: "Chi dura la vince", übersetzt "Wer aushält, gewinnt". Nicht nur ein Bezug auf die Standhaftigkeit Idalmas, sondern eine Botschaft von brisanter Aktualität - mussten doch Kunst- und Kulturschaffende in den letzten Monaten viel Durchhaltevermögen an den Tag legen. Gewonnen haben dadurch nicht nur die Innsbrucker Festwochen, sondern das gesamte Publikum, das die hochklassige Darbietung mit frenetischem Applaus belohnte.

(S E R V I C E: "L'Idalma overo Chi la dura la vince" von Bernardo Pasquini. Libretto von Giuseppe Domenico de Totis. Musikalische Leitung: Alessandro De Marchi, Szenische Umsetzung: Alessandra Premoli. Mit: Arianna Vendittelli - Idalma, Rupert Charlesworth - Lindoro, Morgan Pearse - Almiro, Juan Sancho - Celindo, Margherita Maria Sala - Irene, Rocco Cavalluzzi - Pantano, Anita Rosati - Dorillo. Weitere Vorstellungen am 8., 10., 12., 14. und 16. August im Innsbrucker Haus der Musik. www.altemusik.at)