APA - Austria Presse Agentur

Österreichs Identitäre vorne bei muslimfeindlichen Postings

In manchen Kreisen ist das Verschicken von Hasspostings fast normal. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Europarats.

Bei den Verfassern handle es sich um "migrationsfeindliche rechts gerichtete Gruppen, und vor allem in Österreich um die identitäre Bewegung", sagte Daniel Höltgen, Sonderbeauftragter des Europarats für Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit heute, Dienstag, vor Journalisten in Berlin

Die Umfrage wurde unter muslimischen Verbänden in acht Mitgliedsstaaten durchgeführt: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Belgien, Luxemburg und Norwegen. "Die meisten Verbände sehen Hass und Hetze im Netz als mindestens genauso gefährlich wie Angriffe auf der Straße", sagte Höltgen. "Es handelt sich oft um Morddrohungen, verrohte Sprache und Aufruf zu Gewalt. Es ist eine sehr, sehr krasse Sprache, die bedrohlich ist."

Für dich ausgesucht

Auf die Frage der APA, ob in Österreich dem Antisemitismus mehr Aufmerksamkeit gewidmet werde als der Muslimfeindlichkeit, sagte der Europarats-Vertreter, er vermeide es beide Phänomene zu vergleichen. Österreich, wie Deutschland und Europa, seien sich aus historischen Gründen ihrer Verantwortung bewusst. Die Muslime seien aber in Europa zweitgrößte Religion und größte Minderheitsreligion. "Es kann nicht sein, dass jemand auch doppelt diskriminiert wird, etwa muslimische Frauen", so Höltgen.

Man solle das nicht auch noch befeuern. "Deshalb bin ich auch so kritisch gegenüber der Islamkarte. Das ist der Anfang der Diskriminierung." Die Karte habe weder zur Integration beigetragen, noch die Diskriminierung verringert. "Diese Karte als Mittel gegen Radikalisierung darzustellen, war nicht gut", sagte Höltgen.

Zur politischen Diskussion um die Ermordung eines Mädchens in Wien durch mutmaßlich drei Afghanen, meinte er, wer das Recht breche, solle bestraft werden. "Wie man das dann ausdrückt, da habe ich keine Empfehlung abzugeben." Als bemerkenswert führte er "die sehr sorgfältige Sprachwahl durch bayerische Behörden nach dem Attentat in Würzburg" an.

Für dich ausgesucht

Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD), sagte gegenüber angeblich klarer Worte österreichischer Politiker nach dem Mord, er habe es nicht so empfunden, "dass wir in Deutschland das Thema niedermachen, sondern dass wir seit einer Woche intensivst über Hintergründe der Tat sprechen. Ich habe empfunden, dass wir in der Ausdrucksweise nicht schrill und schuldzuweisend beschrieben haben." Terror und Extremismus seien nicht Frage der Religion. "Das empfinde ich nicht als Kleinmachen, sondern als richtige Aufarbeitung."

Zur Umfrage in den acht Europarats-Mitgliedsländern sagte Mazyek, es gehe um eine "sehr besorgniserregende Erscheinung". Etwa 150 Moscheen seien im Vorjahr in Deutschland angegriffen, was einen erneuten Anstieg bedeute. "Wir sehen die gefährliche Entwicklung von Demokratie und Freiheit. Der Lakmustest ist stets: Wie geht eine Gesellschaft mit Minderheiten um? Wie erst meint man es mit Rechtsstaatlichkeit?" Extremisten würden das Thema ausnützen, "etwa muslimische extremistische Gruppen machen uns die Arbeit schwer. Rechtsextreme Gruppen machen dasselbe und versuchen unsere Bemühungen zu konterkarieren." Demgegenüber seien die Muslime in Europa noch schwach vernetzt, bedauerte Mazyek. Der Kampf gegen Extremismus schließe jede Art von Menschenfeindlichkeit ein. "Dieses Bewusstsein müssen wir weiter schärfen."

Die Umfrage zeige, dass die Hemmschwelle im Netz sinke, immer mehr Hassbotschaften würden mit Klarnamen versendet, sagte der Europarats-Beauftragte Höltgen. Die Verbände würden mangelndes Bewusstsein der Strafverfolgungsbehörden und zu wenig Interesse seitens der Politiker angeben. Viele Angriffe würden nicht gemeldet: Man wisse nicht, an wen sie sich wenden solle oder meine, es nütze ohnedies nichts.

Das Internet sei ein freier Raum geworden, der nicht fest in den Werten verankerte Gruppen beeinflusse. "Das Netz hat eine andere Dimension auch in der Schnelligkeit", sagte Höltgen. Es beeinflusse Menschen und Taten. "Wenn sie die Angriffe von Halle und Hanau ansehen: Die Täter wurden im Internet beeinflusst und wollten sich im Internet darstellen."

Lobend erwähnte Höltgen den in Deutschland beim Innenministerium angesiedelten unabhängigen Expertenkreis Muslimfeindlichkeit, der als Vorbild für andere Länder gelten könne. Der Europarat bereite für den Jahreswechsel zwei Politik-Empfehlungen vor, zu Antisemitismus und zu Muslimfeindlichkeit. Solche Empfehlungen seien selten, sagte der Sonderbeauftragte.