APA - Austria Presse Agentur

Im Vorjahr 124.000 Lenker mit Handy am Steuer erwischt

Im Jahr 2019 hat die Polizei in Österreich 123.888 Lenker beim Handy-Telefonieren am Steuer erwischt - rund 340 pro Tag. Das sind vier Mal so viele wie Alko-Lenker (30.930). Die Zahl der Delikte wegen Telefonierens mit einem Handy am Steuer ohne Freisprecheinrichtung ist zum dritten Mal gestiegen, berichtete der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) unter Berufung auf Zahlen des Innenministeriums.

Im Vergleich zu 2018 gab es 8.418 Anzeigen mehr. Wer mit dem Handy am Ohr telefoniert, reagiert so schlecht wie ein Alko-Lenker mit 0,8 Promille, warnte der VCÖ. Wer während des Lenkens eine SMS oder ein E-Mail schreibt, ist bis zu zwei Sekunden im Blindflug unterwegs, das Unfallrisiko steigt auf bis zu das 23-fache. Der VCÖ forderte in diesem Zusammenhang die Aufnahme von Handy am Steuer ins Vormerksystem und verstärkte Kontrollen insbesondere im Ortsgebiet.

Mobiltelefone dürfen von Autolenkern nur mit Freisprecheinrichtung verwendet werden, außer es wird das Navi benützt, doch auch dort ist nur Ablesen erlaubt. Dasselbe gilt für Rad- und Rollerfahrer. Wer ohne Freisprecheinrichtung erwischt wird, muss ein Organmandat von 50 Euro an Ort und Stelle bezahlen. Verstoßen Fahranfänger gegen das Verbot, müssen sie eine Nachschulung absolvieren und ihre Probezeit wird um ein Jahr verlängert.

Im Vorjahr wurde im Schnitt alle vier Minuten ein Lenker oder eine Lenkerin beim verbotenen Handy-Telefonieren am Steuer erwischt, verdeutlicht der VCÖ. Die tatsächliche Anzahl der Vergehen ist um ein Vielfaches höher. Eine Erhebung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) ergab, dass Österreichs Autofahrer allein an einem Tag mehrere Hunderttausend Telefonate ohne Freisprecheinrichtung führen. Wie viele Vergehen geahndet werden, hängt vor allem von der Kontrolldichte ab.

"Handy am Steuer ist kein Kavaliersdelikt, sondern erhöht massiv das Unfallrisiko", sagte VCÖ-Sprecher Christian Gratzer. Handy-telefonierende Autofahrer reagieren etwa um eine halbe Sekunde später. Im Straßenverkehr, wo oft ein Bruchteil einer Sekunde entscheidet, ob es zu einem Unfall kommt oder nicht, kann das fatale Folgen haben, wie ein Beispiel des VCÖ zeigt: Läuft ein Kind zwölf Meter vor einem Pkw, der 30 km/h fährt, auf die Straße, kann ein aufmerksamer Lenker sein Auto vor dem Kind zum Stillstand bringen. Ein Autofahrer, der eine halbe Sekunde verzögert reagiert, fährt das Kind mit einer Geschwindigkeit von rund 25 km/h nieder.

Wer beim Autolenken am Handy tippt oder im Internet surft, ist sogar bis zu zwei Sekunden im Blindflug unterwegs. Ein Pkw legt mit 30 km/h in zwei Sekunden rund 17 Meter zurück, bei 50 km/h rund 28 Meter, 44 Meter bei 80 km/h, rund 55 Meter bei 100 km/h und 72 Meter bei 130 km/h.

In anderen Staaten Europas sind die Strafen für Handy-am-Steuer um ein Vielfaches höher. In Italien beträgt die Mindeststrafe 165 Euro, in Spanien und Dänemark jeweils 200 Euro, in Großbritannien umgerechnet 235 Euro und in den Niederlanden 240 Euro. In vielen Staaten ist Handy am Steuer auch ein Delikt im Punkteführerschein bzw. Vormerksystem.

Der VCÖ forderte, dass die Kontrolldichte vor allem im Ortsgebiet erhöht wird. Denn dort seien schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder sowie ältere Fußgängerinnen und Fußgänger durch Handy-Lenker besonders gefährdet. Die meisten Handy-Vergehen wurden 2019 in Wien mit 26.613 und Niederösterreich mit 23.927 geahndet. In der Steiermark waren es 22.105, in Oberösterreich 16.247. In Tirol wurden im Vorjahr insgesamt 12.207 Lenker beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung erwischt, in Salzburg waren es 8.175 und in Kärnten 7.036. In Vorarlberg ahndete die Exekutive 3.924 Verstöße und im Burgenland 3.627.