APA - Austria Presse Agentur

Impfen: MedizinerInnen starten Informationskampagne im Internet

Gegen Influenza gibt es im Gegensatz zu Covid-19 eine wirksame und sichere Impfung, sie wird aber zu selten genutzt, erklärten Mediziner Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Mit einer Informationskampagne über Impfungen wollen sie verbessern, dass nicht einmal jeder zehnte Österreicher vor Influenza geschützt ist. Die Leute sollten sich außerdem von der Pandemie nicht abhalten lassen, für Vorsorgeuntersuchungen und bei ernsten Beschwerden zum Arzt zu gehen. "Die Durchimpfungsrate gegen Influenza war in der Grippesaison 2019/2020 in Österreich nur bei acht Prozent", berichtete Maria Paulke-Korinek vom Gesundheitsministerium: Hier bestünde großer Nachholbedarf. Um die Bereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen, sich gegen Influenza und Co. immunisieren zu lassen hat die Österreichische Kardiologische Gesellschaft (ÖKG) eine Internetseite erstellt (impfenschuetzt.at), wo Mediziner fachkundig, sachlich und unabhängig Informationen über Impfungen zur Verfügung stellen, berichtete Peter Siostrzonek von der ÖKG: "Es wäre ein Erfolg, wenn wir in der kommenden Grippesaison auf 20 Prozent kommen." Das sei immer noch kein sei hoher Wert, sagte er: "Andere Länder sind hier noch besser."

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In Österreich gab es 2019/2020 rund 330.000 Influenzafälle, so Paulke-Korinek. Im Schnitt sterben pro 100.000 Erkrankten 15. "Wir haben also jedes Jahr mehr als 1.000 Influenza-Todesfälle", erklärte sie und empfahl eine Impfung "für alle Personen, die sich schützen wollen".

Wichtig sei eine Grippe-Impfung vor allem für drei Gruppen: Menschen, die viel mit anderen Leuten in Kontakt kommen, wie das Personal im Gesundheitswesen und in Sozialberufen, also in Krankenhäusern, Ordinationen, Schulen und Kindergärten, sowie Menschen mit "viel Publikumskontakt" wie Friseure, Kellner und Verkäufer. Zweitens nannte sie Menschen, die ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben, wie Personen mit Lungenerkrankungen, Diabetes, Herz-Kreislaufproblemen, sowie mit Krankheiten oder Therapien, die das Immunsystem unterdrücken. Dazu gehören auch alle über 60- oder 65-Jährigen, und auch Schwangeren empfehle sie eine Impfung.

Bei Herz-Kreislauferkrankungen gibt es Studien, die eine höhere Überlebensrate für Influenza-geimpfte Personen bescheinigen, berichtete Siostrzonek. Eine Grippe würde das Herzinfarktrisiko um das Sechs- bis Achtfache erhöhen und Herzschwäche verstärken. "Als Kardiologe muss ich mich deshalb ganz klar für Impfungen wie gegen Influenza aussprechen", sagte er.

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Außerdem sollten alle Kinder über dem sechsten Lebensmonat geimpft werden, so Paulke-Korinek: "Kinder sind die Motor der Grippeepidemie." Jedes Jahr breite sich die Grippewelle zunächst unter der jüngsten Generation aus, bevor sie zu den Erwachsenen und Senioren überschwappt und dort ihren Höhepunkt findet. Sind die Kinder geschützt, sind indirekt auch die Risikogruppen geschützt: "Modellrechnungen ergaben, dass bereits eine 20-prozentige Durchimpfung von Schulkindern mit einem besseren Schutz vor schwerem Verlauf und Tod durch Influenza für über 60-Jährige einhergeht, als eine Impfung von 90 Prozent der Senioren", erklärte sie.

Der beste Zeitpunkt für eine Impfung sei Ende Oktober bis Mitte November. "Derzeit zirkulieren noch keine Influenzaviren in Europa", sagte Paulke-Korinek. Doch selbst wenn man später dran ist, wäre es immer noch besser, trotzdem zu impfen, als darauf zu verzichten.

Thomas Szekeres von der Ärztekammer empfahl außerdem eine Immunisierung gegen Pneumokokken: "Hier gibt es Impfungen, die schon viele Jahre existieren und vor einer potenziell sehr schweren Lungenerkrankung schützen, die den ganzen Organismus belasten kann." Er plädierte auch dafür, dass die Menschen trotz der Pandemie die übrige medizinische Versorgung weiterhin ausreichend in Anspruch nehmen.

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In der ersten Covid-19-Welle gab es eine Abnahme der behandelten Herzinfarkte von 40 Prozent in Österreich (und vielen anderen Weltregionen), obwohl die Belastung durch das Coronavirus eigentlich das Risiko erhöhen sollte, berichtete ÖGK-Mediziner Bernhard Metzler: "Fachlich ist dieses Phänomen nicht zu erklären, wir müssen daher annehmen, dass sich die Patienten aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus nicht ins Spital trauten oder die Schmerzen in der Brust nicht dem Herz, sondern einer Lungenentzündung zugerechnet wurden." Im Schnitt verging bei jedem Herzinfarkt auch eine Stunde mehr Zeit, bis die Patienten ins Krankenhaus kamen. Das sei sehr schlecht, denn bei einem Herzinfarkt zählt jede Minute, weil in dieser Zeit immer mehr Herzmuskel abstirbt.

Dass sich Herzinfarktpatienten nicht in medizinische Behandlung trauten, habe wohl auch daran gelegen, dass ihnen eingetrichtert wurde, nur zum Arzt zu gehen, wenn es "unbedingt nötig" ist, meinte Szekeres: "In der damaligen Situation war das vielleicht nicht falsch, weil wir zu wenig Schutzausrüstungen hatten, die Ordinationen waren nicht gut vorbereitet, und man wusste aus anderen Ländern, dass Gesundheitseinrichtungen bei der Verbreitung der Pandemie eine große Rolle spielten." Inzwischen sei es gelungen, die Ordinationen auszurüsten. "Wir plädieren daher, dass der Besuch von Arzt und Krankenhaus wichtig und empfehlenswert ist, sowohl für Routinekontrollen, wie auch bei ernsthaften Problemen", so der Mediziner.

Die Pressekonferenz wurde anlässlich der Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft abgehalten, die von 1. bis 3. November stattfindet.