Impfstoff-Patente: Kurz ist offen für Gespräche

Kurz will über die Idee reden
Bundeskanzler Sebastian Kurz zeigt sich offen für eine Debatte über den US-Vorstoß zur Aussetzung von Corona-Impfstoffpatenten.

Die SPÖ sprach dagegen von einem "Durchbruch bei den Gesprächen zur internationalen Impfsolidarität". Petra Bayr, SPÖ-Bereichssprecherin für globale Entwicklung, forderte, die österreichische Bundesregierung müsse den Vorstoß der EU-Kommissionspräsidentin unterstützen.

Auch die Organisation "Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontierès" (MSF) sieht Österreich jetzt gefordert. "Statt zu blockieren und sich auf die Seite der Pharma-Branche zu schlagen - die marktwirtschaftliche Interessen in den Vordergrund stellt - müssen Österreich und die europäischen Länder ihre Verantwortung, Menschenleben zu retten, wahrnehmen", verlangte Laura Leyser, Geschäftsführerin von Ärzte ohne Grenzen Österreich. "Impfnationalismus ist angesichts einer Pandemie schlicht zu kurz gegriffen. Sowohl aus Solidarität als auch aus Eigennutz - Stichwort 'Mutationen vermeiden'".

"Wir unterstützen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und sind offen für Gespräche sowie den WTO-Prozess, den die Amerikaner vorschlagen. Es ist wichtig, dass so viele Menschen wie möglich weltweit so rasch wie möglich geimpft werden, um die Pandemie zu besiegen", heiß es am Donnerstag dazu aus dem Bundeskanzleramt.

Pharmaverbände kritisierten US-Vorstoß

Zuvor hatte EU-Kommissionschefin von der Leyen erklärt, die Europäische Union sei bereit, "jeden Vorschlag zu diskutieren, der diese Krise wirksam und pragmatisch angeht". Man müsse sehen, wie der US-Vorschlag diesem Ziel dienen könne. Es soll auch Thema des EU-Gipfels in Porto sein. Pharmaverbände kritisierten den US-Vorstoß.

Pharmig, die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie, stellte sich gegen den US-Vorstoß. Den Patentschutz auf Covid-19-Impfstoffe auszusetzen, sei für die pharmazeutische Industrie kein gangbarer Weg, um die Produktion von Impfstoffen anzukurbeln. "Vielmehr setzt eine solche kurzsichtige Forderung die hart erkämpften Erfolge in der Bekämpfung der Pandemie aufs Spiel. Sie trägt nicht dazu bei, dass plötzlich weit mehr Impfstoffe produziert werden können als bisher", sagte Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog am Donnerstag in einer Aussendung.

Ähnlich äußerte sich auch die globalisierungskritische Organisation Attac. "Die EU - und damit die österreichische Regierung - müssen endlich die Gesundheit aller über die Profitinteressen weniger Pharmakonzerne stellen", fordert Alexandra Strickner von Attac Österreich.

"Knappe Rohstoffe, Probleme in der Lieferkette, Herausforderungen in der Ausweitung der Produktion und Verteilung von Impfstoffen sowie Handelsbarrieren, das sind die aktuellen Probleme in der Impfstoff-Produktion, nicht aber der Patentschutz", betonte Pharmig. Der Patentschutz vielmehr sei ein wesentlicher Treiber für die schnelle Entwicklung der Impfstoffe gewesen.

Ähnlich äußerte sich auch der Verband der Impfstoffhersteller. "Die größten Herausforderungen für die weltweite Impfstoffproduktion und -verteilung sind der zeitgleiche weltweite Bedarf gepaart mit Handelsbeschränkungen, Flaschenhälsen in den Lieferketten und knappe Rohmaterialien. Nicht die Patente", erläutert Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH).

Das Aussetzen des Schutzes des geistigen Eigentums würde weder die Produktionskapazitäten erhöhen noch den Zugang zu Impfstoffen erweitern, sagte Christoph Jandl, Generalsekretär des ÖVIH. Andere Unternehmen erhielten damit zwar die Blaupause für den Impfstoff, jedoch nicht die im freiwilligen Technologietransfer enthaltene Zusammenarbeit, den Know-how-Transfer, den Austausch von Fachwissen und die Ausbildung von Fachkräften.

Die NEOS sprachen sich ebenfalls gegen eine Freigabe der Patente aus. "Die Geschwindigkeit, mit der die Corona-Impfungen entwickelt wurden, ist eine Errungenschaft der Wissenschaft und der Innovation. Patentschutz ist die Voraussetzung dafür, dass Investitionen auch in Zukunft in Innovation fließen", sagte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker am Donnerstag in einer Aussendung. Stattdessen sollte mehr Kooperation bei der Produktion stattfinden.

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