APA - Austria Presse Agentur

Impfung: Erste Menschen in Österreich gegen Corona immunisiert

Die Pensionistin Theresia Hofer ist die erste Österreicherin gewesen, die am 27. Dezember gegen das Coronavirus geimpft worden ist.

Ursula Wiedermann-Schmidt, Vorsitzende der österreichischen Impfkommission, injizierte Hofer und vier weiteren Patienten je eine Dosis der ersten in der EU zugelassenen Corona-Vakzine von Biontech/Pfizer - komplikationslos. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach von einem "historischen Tag". "Die Impfung ist der Anfang vom Sieg über die Pandemie, sie ist ein 'Gamechanger'", wiederholte der Kanzler seine Worte der vergangenen Tage. Hofer freue sich sehr, dass es endlich so weit war, weil sie Lust habe, ihre Enkel und Urenkel wieder zu treffen, schilderte der bei den ersten Immunisierungen anwesende Kurz den für die Niederösterreicherin bewegenden Moment. In der Nacht auf Samstag (26. Dezember) hatte die erste Lieferung von Biontech/Pfizer bei Suben die österreichische Grenze passiert. Noch am Samstag wurden die ersten 10.000 Impfdosen an die Bundesländer ausgeliefert, wo noch am Sonntag mit den ersten Impfungen gegen das Virus SARS-CoV-2 begonnen wurde.

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Plan in drei Phasen

Richtig losgehen wird es mit den größeren Lieferungen nach dem Jahreswechsel. Kurz skizzierte den Plan in drei Phasen. Die erste umfasst die Immunisierung der Hochrisikogruppe - Menschen über 80 mit einem Fokus auf Pflegeheimen. In der zweiten Phase sollen ältere Menschen und Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur vorrangig geimpft werden, bevor in der dritten Phase alle Österreicher drankommen sollen, die das auch wollen. Kurz und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonten in einer Pressekonferenz erneut, dass an eine Impfpflicht nicht gedacht ist. "Der heutige Tag zeigt, dass es möglich sein sollte, bis zum Sommer zur Normalität zurückzukehren", hoffte der Kanzler.

Anschober sprach von einer "schlimmen Bilanz des Jahres 2020": 80 Millionen Menschen seien weltweit infiziert worden, 1,75 Millionen an oder mit Covid-19 gestorben. Das Jahr habe aber ein "großartiges Ende". Die Impfung sei das Zeichen, dass eine Wende im Kampf gegen die Corona-Pandemie eingeleitet werde. "Wir haben jetzt eine Perspektive, eine Hoffnung, eine Chance."

Anschober: "Großer Tag für die EU"

Der Gesundheitsminister betonte auch, dass der 27. Dezember ein "großer Tag für die EU" sei, welche die Impfung gemeinsam beschafft habe und deren Mitgliedsstaaten gemeinsam mit den Impfungen beginnen. Anschober räumte aber ein, dass nicht von heute auf morgen alles vorbei sein werde. "Wir haben noch nicht gewonnen, aber die Impfung ist der entscheidende Schlüssel, um die Pandemie wirklich zu besiegen." Man brauche aber Geduld, "wir sind abhängig von weiteren Marktzulassungen", so Anschober. "Das Ziel ist, dass wir spätestens bis zum Herbst so gut mit Impfungen ausgestattet sind, dass wir uns vor dem nächsten Herbst und Winter nicht mehr fürchten werden."

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Die zweite Lieferung von Biontech/Pfizer werde nächste Woche erwartet, "in der zweiten Jännerwoche wird es flächendeckend so richtig losgehen", kündigte der Gesundheitsminister an. Zusätzlich habe man sich von Biontech/Pfizer weitere 1,962 Millionen Dosen gesichert, damit wird die Pharmakooperation rund vier Millionen liefern. Der Geschäftsführer von Pfizer Österreich, Robin Rumler, sprach sogar von genügend Impfdosen seines Unternehmens für knapp drei Millionen Österreicher, was bei zwei Teilimpfungen pro Patient knapp sechs Millionen Dosen bedeuten würde.

Wiedermann-Schmidt: Wirkt gegen Mutation

Wiedermann-Schmidt, auch Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie, sagte, dass bei den ersten fünf Impfungen keine einzige Reaktion aufgetreten sei. "Wie es ausschaut, ist es im ersten Blick ein gut verträglicher Impfstoff." Sie geht davon aus, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer auch gegen die zuletzt aufgetretene Mutation des Coronavirus wirksam ist. "Wir wissen, dass es immer wieder Mutationen gibt. So wie es aussieht, sind die aber nicht von einer so großen Veränderung, dass der Impfstoff nicht wirken sollte."

Wie die Impfstoffe unter die breite Bevölkerung gebracht werden, soll in den nächsten Tagen öffentlich erläutert werden. Anschober sprach von einem e-Bestellsystem. Ob - wie etwa in Slowenien - sich Impfwillige registrieren können, die dann verständigt werden, wenn ihre Bevölkerungsgruppe an der Reihe ist, blieb offen. In Alters- und Pflegeheimen werde jedenfalls zuerst geimpft, bekräftigte der Gesundheitsminister.

Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, sagte er habe volles Vertrauen zu dem Impfstoff. "Wir haben eine erste Impfung, die uns vor der Infektion schützt und gut verträglich ist." Unisono wiesen Politiker und Experten auf die Rolle der Forschung hin. Wiedermann-Schmidt sagte, sie sei noch gegen Ende dieses Sommers skeptisch gewesen, dass ein Impfstoff mit Beginn 2021 zur Verfügung stehen werde.

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Anschober betonte, es schaue bezüglich einer Zulassung in der EU auch für die Vakzine des US-Unternehmens Moderna gut aus. Diese sollte Anfang Jänner erfolgen. Er wies auch auf geleakte Teilergebnisse des Impfstoffes von AstraZeneca in Kooperation mit der Universität von Oxford hin, die ebenfalls einen 95-prozentigen Schutz gegen das Coronavirus versprechen. Auch da dürfte die Marktzulassung nicht mehr allzu fern sein. Kurz und Anschober nannten diesen Impfstoff einen Teil bei der heimischen Impfkampagne. Angesichts der großen Mengen, die Österreich beispielsweise von Biontech/Pfizer erhalten wird, glaubt der Kanzler aber nicht, dass der AstraZeneca-Impfstoff für die breite Masse die Hauptvakzine sein wird. "Das wird ein Mix aus mehreren Unternehmen sein", sagte Kurz.

"Sieg der Wissenschaft"

Rumler sprach nach der ersten Covid-Impfung in Österreich von einem "Sieg der Wissenschaft". Eine Studie habe die 95-prozentige Wirksamkeit des Impfstoffes nachgewiesen. Unter den ersten Geimpften waren Bernadette Kralik, leitende Pflegerin eines Altersheims in Maria Enzersdorf, und Bernhard Rössler, Leiter der Covid-Intensivstation am AKH. Kralik sprach von einer schweren Zeit für die in ihrem Heim wohnenden Senioren durch die Pandemie. Sie habe sich geschworen, sobald es einen Impfstoff gibt, der für sie passe, "eine der ersten zu sein, die sich impfen lässt". Rössler betonte: "Wenn die Impfung ein Schritt in die Richtung ist, das Leben zu normalisieren, leiste ich gerne einen Beitrag." Er tue "das für den Schutz meiner Familie, aber auch aus Verantwortung gegenüber der Gesellschaft".

In den meisten anderen Bundesländern fanden im Tagesverlauf ebenfalls symbolische Starts der größten Impfkampagne in der Geschichte Österreichs statt. Rund zehn Monate nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Europa begannen zeitgleich am ersten Sonntag nach Weihnachten 2020 die Impfungen auch in Italien, Frankreich und zahlreichen weiteren EU-Staaten, in einigen anderen war schon am Samstag damit angefangen worden.