APA - Austria Presse Agentur

Impfverzicht wegen Thrombosen "keine rationale Entscheidung"

Das Risiko eines schweren Verlaufs oder Tods durch Covid-19 ist in allen Altersgruppen ab 18 Jahren höher als das einer Thrombose als vermutete sehr seltene Nebenwirkung von Corona-Impfungen.

Deshalb auf die Impfung zu verzichten, ist "keine rationale Entscheidung", betonte Michael Kundi von der MedUni Wien am Montagabend bei einer Ärzte-Fortbildung. Es spreche zudem "alles dafür", dass das Risiko für alle Corona-Impfstoffe ähnlich ist und nicht nur AstraZeneca betrifft. Ein bestimmtes anderes Vakzin einzusetzen ist daher ebenfalls keine rationale Entscheidung, erläuterte Kundi. Es sei die wahrscheinliche Variante, dass die Nebenwirkung alle Vektor-Impfstoffe betrifft (neben AstraZeneca in der EU bisher Johnson & Johnson zugelassen, Anm.), aber wahrscheinlich auch mRNA-Impfstoffe (Pfizer/Biontech und Moderna), sagte der Mediziner bei der Fortbildungsveranstaltung der Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT).

Auch davon, aus Angst vor dem Thrombose-Risiko beispielsweise zwei Monate mit einer Impfung zuzuwarten, riet Kundi ab. "Eine Verschiebung käme allenfalls infrage für Personen unter 25 Jahren, da ist das Risiko kleiner", sagte er. Bei mehr als zwei Monaten erhöhe sich das Risiko für eine schwere Covid-Erkrankung aber wieder. Die Gefahr für thromboembolische Ereignisse durch die Impfung ist nach derzeitigem Wissensstand geringer als 1:100.000.

Alle bisherigen Corona-Impfstoffe sind "hoch reaktogen", betonte Kundi zu den grippeähnlichen Impfreaktionen, die meist rasch vorübergehen. "Das bedeutet aber auch, dass eine suffiziente Immunreaktion auftritt", erläuterte der Mediziner. Es gebe Studien dazu, dass eine höhere Reaktogenität auch höhere Antikörperspiegel zeige. Im Unterschied zu diesen gesundheitlich harmlosen Impfreaktionen stehen schädliche Impfnebenwirkungen.

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Zunächst hatte es Aufregung um seltene schwere allergische Schocks (Anaphylaxie) nach Pfizer/Biontech-Impfungen und dann auch bei Moderna und AstraZeneca gegeben, erinnerte Kundi. Diese treten unmittelbar nach der Verabreichung auf und können vom Arzt behandelt werden, sind aber ein Ausschlussgrund für die zweite Teilimpfung. Bezüglich der ebenfalls noch ungeklärten Thrombose-Ereignisse warnte Kundi vor Symptomen, die über drei Tage nach der Impfung hinausgehen. "Besser zu früh aufschreien und anschauen lassen, als zu spät", riet er.

"Alles was wiederkommt oder anhält könnte Hinweis geben auf das Krankheitsbild", erläuterte Sabine Eichinger von der MedUni Wien, die den Fall einer gestorbenen 49-jährigen Pflegerin aus Niederösterreich eingehend untersucht hat. Die Symptome für die Nebenwirkungen traten bisher frühestens fünf Tage nach der Impfung auf. Hirnvenenthrombosen wurden dabei vergleichsweise häufig beobachtet. Als Symptom dafür gelten laut Eichinger "sehr, sehr starke Kopfschmerzen" und Übelkeit. Es kam aber nach Corona-Impfungen auch zu anderen Thrombosen - mit entsprechenden Symptomen wie Schmerzen und Schwellungen an der betroffenen Stelle.

"Es ist ein Krankheitsbild, das neu ist", sagte Eichinger zu den seltenen Thrombosen nach Impfungen. Die Prognose für die Betroffenen sei aber "an sich gut". Erstes Ziel ist es, die Thrombose zu behandeln. "Wenn die Thrombose weg ist, dann geht dieses Krankheitsbild weg." Thrombose-Prophylaxe einzunehmen bringe für gesunde Menschen vor der Impfung nichts, warnte Eichinger vor einem Blutungsrisiko. Bestimmte Risikofaktoren für die Nebenwirkung sind laut der Medizinerin bisher nicht bekannt, auch bei der Einnahme der Anti-Baby-Pille gebe es keinen Hinweis auf ein erhöhtes Risiko.