Investitionsprämie hilft, aber nicht so viel wie angekündigt

Investitionsprämie hilft, aber weniger als angekündigt
Die Bundesregierung hat die Investitionsprämie von drei auf fünf Mrd. Euro aufgestockt. Von Ökonomen gibt es dafür Zustimmung. Den dabei von der Politik angenommenen positiven Effekt sehen die Experten aber durchgehend als deutlich zu hoch an. Mit fünf Mrd. Euro Prämie dürften nicht 55 Mrd. an Investitionen ausgelöst werden und 500.000 bis 800.000 Jobs entstehen, sondern bestenfalls ein Zehntel des Effekts, ergab ein Rundruf bei Wifo, IHS und Arbeiterkammer.

Die Prämie beträgt 7 oder 14 Prozent, je nach geförderter Investition. Im Schnitt geht man von einer zehnprozentigen Förderung aus, so Wifo-Ökonom Klaus Friesenbichler im Gespräch mit der APA. Damit ergibt sich rein rechnerisch, dass 5 Mrd. Prämie in Summe 55 Mrd. Euro an Investitionen zugutekommen. Das entspricht aber von der Größenordnung her sämtlichen nach den Kriterien der Prämie förderbaren Investitionen in Österreich für die kommenden zwei Jahre.

"Das ist ein großzügiges Instrument" und "mit Sicherheit auch eine Unternehmensförderung", sagt Friesenbichler. Ganz grundsätzlich sei diese Prämie zu begrüßen, auch habe die Förderung den Unternehmen im Herbst 2020 viel Unsicherheit genommen und damit zum Anspringen der Investitionen beigetragen. In dieser Situation seien Mitnahmeeffekte weniger schädlich als üblicherweise. Das Wifo gibt aufgrund der bisher nur spärlich verfügbaren Informationen über die Inanspruchnahme keine Schätzung ab, wie viel zusätzliche Investitionen durch die Prämie ausgelöst werden. Ein Wifo-Umfrage im Herbst 2020 hatte ergeben, dass etwa 40 Prozent der unterstützten Unternehmen ihre Investitionspläne deshalb nicht geändert haben, weitere 28 Prozent haben sie vorgezogen und 23 Prozent haben deshalb erhöhte Investitionen getätigt. Klar sei aber, dass durch die starken Vorzieheffekte später, voraussichtlich 2023, ein "Investitionsloch" drohe, gibt Friesenbichler zu bedenken.

Auch IHS-Ökonom Klaus Weyerstraß sieht die Investitionsprämie als eine "generell positive Maßnahme", bezweifelt aber die Dimension der positiven Auswirkungen. Bei der Beschäftigung sei wohl eher mit "ein paar Zehntausend" neuen Jobs zu rechnen und nicht einigen Hunderttausend. Eine genaue Schätzung über die Mitnahmeeffekte bei den Investitionen will auch er angesichts der unklaren Datenlage nicht abgeben. Aber im Vorjahr hatten unter Verwendung eines traditionellen Modells Schätzungen ergeben, dass jede Milliarde an Investitionsprämie rund 1,3 Mrd. Euro an zusätzlichen Investitionen auslöst. Von einem Faktor 1:10 auszugehen sei "schon sehr optimistisch", sagt Weyerstraß.

Weyerstraß hebt aber die positiven Auswirkungen der Vorzieheffekte in der jetzigen Krise hervor - und die Lenkungseffekte. Denn wenn nun mehr oder früher in Digitalisierung und Ökologisierung investiert werde, also in die Bereiche für die es 14 Prozent Prämie gibt, dann habe das kurz- und längerfristig positive Effekte für Österreichs Wirtschaft. Das könne etwa dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen und weniger Zertifikate kaufen zu müssen. Solche qualitative Effekte seien aber schwer zu quantifizieren. Wirklich entscheidend für das Anspringen der Wirtschaft sei aber nun die Öffnung von Geschäften, Tourismus und Gastronomie, um das Angebot in Schwung zu bringen. Um die Nachfrage müsse man sich derzeit weniger Sorgen machen.

Auch Markus Marterbauer, Chefökonom der Arbeiterkammer, hält die Investitionsprämie für eine grundsätzlich sinnvolle Maßnahme, insbesondere auch die Staffelung je nach Inhalten der Investition. Auch den Vorzieheffekten kann Marterbauer Positives abgewinnen. Aber die von der Regierung in Aussicht gestellten positiven Effekte sind seiner Ansicht nach weit überhöht. Realistisch wären wohl 25.000 bis 50.000 zusätzliche Jobs und ein Plus von vielleicht 10 Prozent bei den Investitionen. "Das ist nicht Nichts und insgesamt positiv" betont Marterbauer.

Eine konkrete Schätzung über die "Mitnahmeeffekte", also den Anteil der Investitionen, die ohnehin stattgefunden hätten und nun dankbar die Prämie "mitnehmen", hat der Budgetdienst des Parlaments im Herbst 2020 vorgelegt. Dieser kam auf 90 Prozent Mitnahme, also nur 10 Prozent echte neue Investitionen. Auf diese Schätzung verweist Marterbauer ebenso wie Oliver Picek, Chefökonom des Momentum-Instituts. Picek zitiert auch internationale Studien, wonach pro Euro Prämie nur etwa ein Euro an neuen Investitionen ausgelöst wird - dann würden die 5 Mrd. Euro Investitionsprämie auch nur 5 Mrd. Euro zusätzlicher Investitionen auslösen. Bei der Beschäftigung geht Picek von bis zu 110.000 gesicherten Arbeitsplätzen, darunter 50.000 neue Jobs aus.

Kritik gibt es von allen Seiten, dass die genauen Daten über die Ausschöpfung der Investitionsprämie und den Nutzen vorerst fehlen.

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