Klatsch und Korruption? Italienischer Kulturminister datet Influencerin
Die Oppositionsparteien fordern den Rücktritt des Kulturministers aus den Reihen von Melonis Partei "Brüder Italiens" (FdI -Fratelli d ́Italia), nachdem er eine Beziehung zur 42-jährigen Influencerin Maria Rosaria Boccia zugegeben hat.
Seit Tagen fordern die Oppositionsparteien eine Klarstellung zu Berichten, wonach die Influencerin an einem E-Mail-Austausch beteiligt war, der vertrauliche Informationen über die Organisation des G7-Kulturministertreffens vom 19. bis zum 21. September in Pompeji enthielt. Die Oppositionsparteien drohten mit einem Misstrauensantrag gegen den Minister.
In einem Interview mit Rai 1 gab der 62-Jährige zu, dass er eine Beziehung zur Influencerin hatte, jedoch nicht erpressbar sei, da er kein öffentliches Geld für sie ausgegeben habe. Mit Premierministerin Meloni habe er beschlossen, dass er nicht zurücktreten werde, erklärte der Minister im Interview mit den Nachrichten "Tg1".
Maria Rosaria Boccia hatte am Montag auf Instagram ihren Dank an Kulturminister Sangiuliano "für die Ernennung zur Beraterin für Großveranstaltungen" gepostet. Das Kulturministerium bestreitet jedoch, dass die Frau Beraterin des Ministers sei.
"Ist das G7-Kulturtreffen noch sicher?", fragte Irene Manzi, Vorsitzende der Delegation der oppositionellen, sozialdemokratischen Demokratischen Partei (PD) im Kulturausschuss der Abgeordnetenkammer. Die ebenso oppositionelle Partei Italia Viva (IV) erklärte, einen Misstrauensantrag gegen Sangiuliano im Parlament stellen zu wollen.
Die Oppositionsparteien forderten zudem das Außen- und Innenministerium auf, die Angelegenheit zu untersuchen. "Das ist eine sehr ernste Situation, die schwerwiegende organisatorische Mängel aufzeigt, über die wir Klarheit verlangen. Sangiuliano muss alle Facetten dieser undurchsichtigen Affäre um die Ernennung einer Beraterin erklären, die nie offiziell ernannt wurde und die an internen Sitzungen des Ministeriums und an Inspektionen (...) hinsichtlich der Sicherheit und Organisation des G7-Treffens teilnehmen durfte", kritisierte Manzi.
Die Influencerin widersprach auf Instagram Sangiulianos Behauptung, wonach sie nie an operativen Sitzungen zum G7-Kulturministertreffen in Pompeji teilgenommen habe. Sie veröffentlichte dort auch die Tickets von Flügen, die ihr angeblich vom Kulturministerium im Rahmen ihrer Beratertätigkeit gezahlt worden seien.
Sangiuliano hatte in einem Interview mit der Tageszeitung "La Stampa" (Dienstagsausgabe) noch erklärt, er habe zwar die Ernennung Boccias in die Wege geleitet. Wegen einer "potenziellen Situation eines Interessenskonflikts", die er nicht näher erklärte, habe er dann jedoch auf die Ernennung Boccias verzichtet; er habe ihr das auch offiziell mitgeteilt.
Ministerpräsidentin Meloni stärkte am Dienstagabend ihrem Minister den Rücken. "Die Affäre wird keine Auswirkungen auf die Sicherheit des G7-Treffens haben. Der Kulturminister hat mir versichert, dass Boccia keinen Zugang zu vertraulichen Dokumenten hatte, insbesondere was den G7-Kulturgipfel betrifft. Vor allem hat mir Sangiuliano versichert, dass kein einziger Euro an öffentlichen Geldern für diese Person ausgegeben wurde. Das sind die Dinge, die mich im Zusammenhang mit der Regierungsarbeit interessieren, den Klatsch überlasse ich anderen. Ich möchte mich dazu nicht mehr weiter äußern", betonte Meloni.
Der Streit um die Influencerin ist ein weiterer, schwerer Schlag für das Image Sangiulianos. So hatte er sich im April mit einer Aussage über den Seefahrer und Amerika-Entdecker Christoph Kolumbus blamiert. Bei einem Kulturevent im sizilianischen Taormina behauptete der Minister, dass "Kolumbus auf Grundlage der Theorien von Galileo Galilei die Erde umrunden wollte, um nach Indien zu gelangen". Der Universalgelehrte wurde jedoch erst 1564 in Pisa geboren, während Kolumbus seine erste Amerika-Reise bereits im August 1492 begann.
Schon im April hatte der Kulturminister Kritik auf sich gezogen, als ihm bei der Vorstellung eines neuen Archäologiepfades im Zentrum von Rom ein Fauxpas passierte. Er behauptete, der Times Square befinde sich in London - und nicht in New York. In einer Erklärung führte er später den Fehler auf die Emotionen des Augenblicks zurück. Zugleich brachte der Politiker seine Absicht zum Ausdruck, in Zukunft vorsichtiger mit seinen Aussagen zu sein.
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