APA - Austria Presse Agentur

IWF-Chefin fordert Ende des Handelsstreits

Die neue IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hat die Politik aufgerufen, den Handelsstreit möglichst schnell beizulegen. Die erwartete Konjunkturerholung im nächsten Jahr sei keine ausgemachte Sache, sagte die Bulgarin am Donnerstag in Washington. "Es gibt signifikante Risiken." Der Fokus müsse darauf liegen, bestehende Handelsbarrieren abzubauen und das weltweite Handelssystem zu stärken.

Doch das Gegenteil ist zuletzt geschehen: US-Präsident Donald Trump hat den Handelsstreit vom Zaun gebrochen, der sich vor allem gegen China, aber auch die EU, richtet. Milliardenschwere Sonderzölle und Gegenmaßnahmen waren die Folge. Das Wachstum der Weltwirtschaft hat sich dadurch deutlich verringert, Deutschland mit seiner starken Exportindustrie ist überdurchschnittlich betroffen.

Georgiewa ergänzte, neben dem Abbau von Handelshemmnissen müssten sich die Länder in Steuerfragen eng abstimmen. Dies gelte vor allem für die Besteuerung von Internetfirmen. Hier ist Frankreich zuletzt vorgeprescht und eigene Wege gegangen, um Steuervermeidungspraktiken global agierender Konzerne anzugehen. "Wenn sich das Wachstum weiter abschwächt, sind größere Anreizprogramme der Politik nötig", so Georgiewa. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte zuletzt schon von Deutschland mehr Investitionen gefordert, weil finanzielle Spielräume vorhanden seien.

Die Pressekonferenz der neuen Chefin war der Startschuss für die Jahrestagung des IWF und der Weltbank in Washington. Georgiewa hat erst Anfang Oktober die Leitung des Währungsfonds von Christine Lagarde übernommen, die wiederum Mario Draghi mit November als EZB-Chefin ablösen wird.

Bei der Tagung in Washington debattieren politische und geldpolitische Vertreter aus aller Welt über Entwicklungspolitik, internationale Handelskonflikte, Klimawandel und die internationale Finanzstabilität. Auch der Brexit und die Risiken eines ungeordneten Ausstiegs Großbritanniens aus der EU werden ein Thema sein.

Österreich ist mit Notenbank-Gouverneur Robert Holzmann auch Finanzminister Eduard Müller vertreten. Zweiterer will bei der Tagung vor allem für Österreich als Finanzstandort werben. "Mir ist es ein zentrales Anliegen Österreich auf dem internationalen Parkett als starken Finanzstandort zu vertreten. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten müssen wir zeigen, dass wir ein verlässlicher Partner für die Wirtschafts- und Finanzbranche sind", sagte Müller im Vorfeld.

Erst am Dienstag hatte der IWF seine Prognose für das Weltwirtschaftswachstum gesenkt. Wegen der andauernden Handelskonflikte, unter anderem zwischen den USA und China, rechnet der IWF für das Jahr 2019 nur noch mit einem Wachstum von 3 Prozent. Im Juli hatte der IWF noch ein Wachstum von 3,2 Prozent vorausgesagt. Damit senkte der Fonds seine Prognose zum vierten Mal in Folge. Das wäre das niedrigste Wachstum seit der globalen Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009.

Auch für das kommende Jahr revidierte die Finanzorganisation ihre Schätzung nach unten. Für 2020 erwartet sie nun ein Wachstum von 3,4 Prozent, statt der bisher vorhergesagten 3,5 Prozent. Für Österreich haben sich die Aussichten ebenfalls eingetrübt. Die Schätzung für 2019 wurde vom IWF von 2,0 Prozent BIP-Anstieg auf 1,6 Prozent gesenkt. Für 2020 werden dagegen unverändert 1,7 Prozent Wachstum erwartet.

"Auch wenn die Prognosen für Österreich nur leicht gesenkt wurden, so werden wir dennoch die Auswirkungen der getrübten Konjunktur in Form von weniger Steuereinnahmen spüren", so Müller. Aus dem Finanzministerium kam unlängst eine unerwartet pessimistische Budgetprognose. Während die heimischen Wirtschaftsforscher auch 2020 mit Überschüssen rechnen, erwartet der Finanzminister die Rückkehr in die roten Zahlen. Laut Budgetplan wird mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 0,1 Prozent des BIP gerechnet. Der Schuldenstand soll 2020 dennoch auf 67,5 Prozent sinken und damit erstmals seit der Finanzkrise wieder unter 70 Prozent des BIP liegen.