Jelinek-Forschungsplattform nun als Forschungsverbund

Seit 2002 gibt es einen Jelinek-Schwerpunkt an der Universität Wien
Die Forschungsplattform Elfriede Jelinek an der Universität Wien ist künftig ein "interuniversitärer Forschungsverbund" der Uni Wien und der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK). "Damit starten wir ein innovatives Modell und schaffen eine neue Struktur der Zusammenarbeit zwischen Universitäten, aber auch von Kunst und Wissenschaft", sagt Leiterin Pia Janke im APA-Gespräch.

Seit 2002 gibt es einen Jelinek-Schwerpunkt an der Universität Wien. Aus einem Proseminar ging das Jelinek-Zentrum hervor, das 2004 ein erstes Werkverzeichnis publizierte. "Am Tag nach der Abgabe in der Druckerei wurde die Zuerkennung des Nobelpreises an Elfriede Jelinek bekanntgegeben. Und den Präsentationstermin hatten wir bereits für den Tag der Nobelpreisverleihung fixiert. Das war purer Zufall", erinnert sich die Germanistin und Theaterwissenschafterin, die über Peter Handke dissertiert hat. Trotz des weltweiten Echos auf den Nobelpreis war es "schwierig, Förderungen zu bekommen. Zwischen Wissenschafts- und Kulturministerium wurden wir hin- und hergeschoben. Sehr erfreulich war, dass sich schließlich die Universität Wien dafür zuständig erklärt hat. Bis heute trägt sie gemeinsam mit der MUK die Hauptlast der Finanzierung."

Aus dem an der Germanistik angesiedelten Forschungszentrum wurde 2013 eine Forschungsplattform, an der drei Fakultäten und sieben Institute beteiligt waren. "Von Anfang an wollten wir interdisziplinär und international arbeiten und haben Kontakte in die ganze Welt geknüpft. Und wir haben immer die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst gesucht. Das wird durch die neue Struktur künftig noch stärker betrieben werden."

Nach Auslaufen der (inklusive einmaliger Verlängerung) auf sechs Jahre befristeten Forschungsplattform musste eine neue Organisationsform gefunden werden. Die neue Zusammenarbeit mit der MUK ist nicht nur ein gemeinsames Projekt zwischen einer wissenschaftlichen und einer Kunst-Uni, sondern hat auch direkten Bezug zu Elfriede Jelinek: "Jelinek hat am Konservatorium (aus dem die Privatuni hervorgegangen ist, Anm.) ja elf Jahre lang Klavier und Orgel studiert und hier auch abgeschlossen."

Musik ist neben Literatur, Theater und Tanz nicht nur einer der künftigen stärkeren Arbeitsschwerpunkte, sondern wird auch am Beginn eines Symposiums stehen, mit dem der am 1. Februar vollzogene Zusammenschluss von 23. bis 25. April öffentlich präsentiert wird. Zum Auftakt wird nämlich eines jener drei Lieder gesungen, zu dem Jelinek den Text geschrieben und die Musik selbst komponiert hat: "Meine Liebe" für Sopran und Klavier. Dass bei dem Symposium nicht nur mit dem Burgtheater kooperiert wird, sondern der Eröffnungsabend im Tanzquartier Wien stattfindet, weist in die Richtung, in die man sich künftig orientieren möchte: Jelinek-spezifische Fragestellungen zu gesellschaftspolitischen und ästhetischen Fragen gemeinsam mit hochkarätigen Partner zu behandeln.

Daneben sollen die Betreuung von wissenschaftlichen Stipendiaten auf Künstlerinnen und Künstler ausgeweitet und die internationalen Aktivitäten verstärkt werden. Symposien und Veranstaltungen sind demnächst etwa in den USA und in China geplant. Jelineks Werk sei nicht nur in fast alle Sprachen übersetzt, sondern behandle mit Wirtschafts-, Klima- und Flüchtlingskrise, Terrorismus und Rechtspopulismus auch "die großen, globalen Themen", betont Janke.

Angestrebt ist auch eine stärkere Sichtbarmachung der Arbeit des neuen Forschungsverbundes. Das mittlerweile rund 17.000 Objekte umfassende Archiv, in dem systematisch Materialien zu Werk und Rezeption von Elfriede Jelinek gesammelt werden, steht sämtlichen Interessierten, von Schülern bis Wissenschaftern, Kunstschaffenden und Journalisten offen, die Überführung der Werk- und Rezeptionsdokumentation in eine öffentlich zugängliche Online-Datenbank ist eines der nächsten Projekte.

Bleibt die Frage: Was hält die scheue Nobelpreisträgerin selbst von diesen Aktivitäten? "Sie unterstützt unsere Arbeit mit Auskünften und Materialien, sie involviert sich aber nicht", sagt Pia Janke. "Das ist auch überhaupt nicht notwendig. Es geht uns ums Werk und nicht um die Person."

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