Jihadisten-Prozess in Graz: Glaubensverein-Obmann am Wort

Dritter Verhandlungstag gegen sechs mutmaßliche Jihadisten
Im Grazer Straflandesgericht ist am Mittwoch der Prozess gegen sechs mutmaßliche Jihadisten fortgesetzt worden. Am dritten Verhandlungstag wurde der Obmann jenes muslimischen Linzer Glaubensvereins befragt, mit dem alle Beschuldigten in Verbindung stehen. Angeklagt sind die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation sowie teilweise der staatsfeindlichen Verbindung.

Der zweite Beschuldigte war als Obmann in dem Glaubensverein tätig, den der Hauptangeklagte gegründet hatte. "Wer ist in dem Verein die Hauptperson?", wollte die Richterin wissen. "Alle Mitglieder", antwortete der Angeklagte, der sich nicht auf die Person des Predigers festlegen wollte, um den sich auch die nächste Frage drehte: "Haben Sie jemals gehört, dass er für den Jihad geworben hat?". "Nein, wenn ich das Wort gehört hätte, hätte ich den Verein verlassen", gab sich der Befragte entrüstet. Noch vehementer wurde er, als die Vorsitzende ihn fragte, ob er von der Spendenaktion für einen Kämpfer der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gewusst hat: "Bei uns sammelt man für solche Leute nicht, ich war nicht in Österreich und habe keine Ahnung und das ist gar nicht wahr", brach es aus ihm heraus.

Der Staatsanwalt konfrontierte ihn allerdings mit Aussagen, die der Obmann bei der Polizei getätigt hatte und die etwas anders klangen. "Ich glaube an die Scharia, das ist das Gesetz Allahs", hat er laut Protokoll angegeben. "Das stimmt nicht, das habe ich nie gesagt", meinte er, relativierte dann aber: "Ich habe etwas anderes gemeint, das ist falsch aufgeschrieben worden."

Ein andere Aussage von ihm war: "Es gibt Gläubige und Ungläubige". Dazu interessierte den Ankläger: "Was schreibt die Scharia vor im Umgang mit Ungläubigen?" Als der Befragte sich nicht konkret äußern wollte, setzte der Ankläger fort: "Man soll sie auffordern, sich dem Islam anzuschließen und wenn nicht, soll man sie töten." "Das steht nicht drin", wehrte der Mann ab. "Sie sind der Obmann eines Vereins, den ich für gefährlich halte und der Salafismus vertritt", war der Staatsanwalt überzeugt.

Dann kamen erneut die T-Shirts mit IS-Flagge zur Sprache, die jugendliche Ringkämpfer im Verein getragen hatten. "Diese schwarze Flagge hat eine ganz bestimmte Bedeutung", erklärte der Ankläger. "Für uns nicht", meinte der Befragte. "Sie haben also nicht gewusst, dass der IS sie verwendet?", hakte der Staatsanwalt nach. "Nein, nicht gewusst", bestätigte der Angeklagte. Er gehört zu jenen Beschuldigten, denen auch Bildung einer staatsfeindlichen Verbindung vorgeworfen wird.

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