Johanna Sebauer gibt dem Bachmannpreis-Publikum ein Gurkerl

++ HANDOUT ++ Johanna Sebauer liest beim Bachmann-Preis
Mit einem ungewöhnlichen Porträtvideo präsentiert sich Johanna Sebauer vor ihrem Antreten beim Bachmann-Preis. In einer Buchhandlung im Hamburger Stadtteil Niendorf Nord kauft sie ein großes Glas mit Gewürzgurken und spricht danach darüber, dass sie versuchen wolle, dem Gurkerl adäquate Repräsentanz in der Literatur verschaffen zu wollen. Dem Gurkerl wird man beim Wettlesen in Klagenfurt wiederbegegnen, versichert die Österreicherin im Gespräch mit der APA.

Vor einiger Zeit habe sie bei einem Flug ihre Flugangst mit der Erfindung einer Gurken-Geschichte bekämpft, erzählt die in Hamburg lebende Wienerin von der Initialzündung ihrer literarischen Gemüseoffensive. Die Gurkerl-Idee hat sich zur veritablen Kurzgeschichte ausgewachsen, in der durch eine Verkettung unglücklicher Umstände die Gesellschaft gespalten wird - in Gegner und Befürworter des länglichen Kürbisgewächses. Juror Klaus Kastberger war begeistert und lud Sebauer zum Wettlesen ein.

Ob sich Publikum und Jury vom Gurkerl nun gepflanzt fühlen werden oder ob sie am Wörthersee reiche Ernte einfahren wird: Einen Hang zur Skurrilität hat Johanna Sebauer schon im Vorjahr mit ihrem Debütroman "Nincshof" bewiesen. Die Geschichte eines kleinen burgenländischen Dorfs an der österreichisch-ungarischen Grenze, das von der ganzen Welt vergessen werden möchte, punktet mit jeder Menge Einfällen und einer fantasievollen Melange aus Heimatverbundenheit und Anarchismus. Vier Auflagen und zumindest 20.000 verkaufte Exemplare waren weit mehr, als sich die Newcomerin erträumen konnte. Zum Drüberstreuen gab es noch den Debütpreis des Harbour-Front-Festivals in ihrer Wahlheimat.

Nach Hamburg hat es die 1988 geborene Wienerin, die im Burgenland aufgewachsen ist, des Studiums wegen verschlagen. Doch aus Johanna Sebauer wurde trotz fundierter Ausbildung und einiger einschlägiger Praktika doch keine Journalistin. "Ich hab' mich dem nicht gewachsen gefühlt und gemerkt, es ist doch nicht meine Welt. Ich dachte, ich bin nicht meinungsstark genug. Heute wäre das vermutlich anders." Doch heute ist sie glücklich in der Wissenschaftskommunikation und mit einer 70-Prozent-Stelle als Öffentlichkeitsarbeiterin für das Leibniz-Institut für Medienforschung tätig, wo sie u.a. einmal monatlich mit Kollegen einen Podcast gestaltet und von der wissenschaftlichen Seite her mitbekommt, wie rasant sich die Medienwelt derzeit im Umbruch befindet. Da scheint ihr der lange Atem des literarischen Schreibens ungleich mehr zu behagen.

Schon vor einem Jahr hätte es die Frage ihres Verlags gegeben, ob sie nicht mit einem Auszug aus "Nincshof" in Klagenfurt antreten wolle, erzählt Sebauer. Damals habe sie noch gekniffen, "aber heute fühle ich mich bereit". Mit verantwortlich dafür ist der "totale Spaß", den sie im vergangenen Jahr bei Lesungen aus ihrem Buch hatte - durchschnittlich einmal pro Woche. "Das war anstrengend, aber auch wunderschön. Wann hat man schon so viel schöne Aufmerksamkeit für das, was man macht?" Beim Bachmann-Preis zum Beispiel. "Das ist so ziemlich die größte Bühne, die man als Autorin bekommen kann. Ich bin schon stolz auf mich, dass ich mich das traue. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde: Ich will das nicht gewinnen."

Johanna Sebauer freut sich schon auf ihre Lesung. "Es ist ein bisschen wie bei der Matura." Wer, bitte, freut sich auf seine Matura? "Na ja, wer sich gut vorbereitet fühlt ...", lacht Johanna Sebauer. In Vorbereitung befindet sich übrigens auch ein nächster Roman. Doch nur 30, 40 Seiten gibt es schon auf dem Papier. "Der ganze Rest ist noch in meinem Kopf. Es wird also bestimmt noch dauern."

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