APA - Austria Presse Agentur

Johnson: Verschärfte Maßnahmen in Großbritannien möglich

"In den kommenden Wochen" seinen härtere Maßnahmen möglich, so der britische Premierminister.

Angesichts der ernsten Corona-Situation in England hat der britische Premier Boris Johnson in einem TV-Interview verschärfte Maßnahmen angedeutet. "Möglicherweise gibt es härtere Dinge, die wir in den nächsten Wochen tun müssen", sagte er am Sonntag. In Großbritannien grassiert eine Coronavirus-Mutation, die als deutlich ansteckender gilt. Britische Handelsketten kündigten an, bei der Impfstoff-Logistik helfen zu wollen.

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"Derzeit gilt im Land ein mehrstufiges Regelsystem je nach Infektionslage, wobei schon die größten Teile des Landes unter harten Beschränkungen leben. Es gibt offensichtlich eine Reihe härterer Maßnahmen, die wir erwägen müssen. ... Ich werde jetzt nicht darüber spekulieren, wie diese aussehen könnten", erklärte der Regierungschef in der "Andrew Marr-Show" des Fernsehsenders BBC.

Johnson bestimmt die Corona-Maßnahmen in England, während in Wales, Schottland und Nordirland die dortigen Regierungen verantwortlich sind. Johnson zufolge werden am Montag die ersten 530.000 Dosen des jüngst zugelassenen Astrazeneca-Impfstoffes bereitgestellt. Das Vakzin von Biontech wird bereits seit einiger Zeit angewandt. Er hoffe, dass in den ersten drei Monaten zig Millionen Menschen geimpft werden könnten, sagte Johnson.

Britische Handelsketten wie Boots oder Tesco wollen Berichten zufolge beim Transport und der Logistik für die Corona-Impfkampagne helfen. Die Drogeriekette Boots werde im Laufe des Monats drei Impfzentren eröffnen, sagte ein Sprecher am Sonntag der Nachrichtenagentur PA. Weitere könnten folgen. Die regulären Filialen der Drogerie bieten bereits Grippeimpfungen und Corona-Schnelltests an.

Die Supermarktkette Tesco hat Berichten zufolge der Regierung vorgeschlagen, dass ihre Logistik-Tochter beim Transport und der Lagerung des Oxford/Astrazeneca-Impfstoffes helfen könnte. Anders als das Biontech/Pfizer-Präparat kann dieser bei Kühlschranktemperaturen transportiert und gelagert werden. Über mögliche Verträge mit der Regierung oder dem Gesundheitsdienst NHS wurde bisher nichts bekannt.

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Großbritannien verzeichnete am Samstag eine Rekordzahl von mehr als 57.000 neuen Infektionen. Konkret wurden 57.725 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Insgesamt sind rund 2,6 Millionen Infektions- und über 74.000 Todesfälle bekannt. Insbesondere in London und im Süden Englands geraten die Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenzen. Die neue und wohl deutlich ansteckendere Coronavirus-Variante lässt die Fallzahlen nach oben schießen, in Teilen Londons liegt die wichtige Kennziffer der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen bei mehr als 1.100.

Schulen in London bleiben auch nach dem Ende der Weihnachtsferien vorerst flächendeckend geschlossen. Zu dieser Entscheidung sah sich die britische Regierung aufgrund hoher Infektionszahlen gezwungen. In anderen Teilen des Landes sollten Volksschulen am Montag wieder öffnen. Weiterführende Schulen sollen in den Wochen danach folgen - teilweise unter dem Einsatz von Massentests.

"Schulen sind sicher", betonte Johnson mehrfach. Bildung sei eine oberste Priorität seiner Regierung. Oppositionsführer Keir Starmer forderte den Premier am Sonntag per Twitter dazu auf, einen härteren landesweiten Lockdown zu verhängen. "Er muss in den nächsten 24 Stunden nationale Beschränkungen verhängen", schrieb Starmer. Das Virus sei "außer Kontrolle" und man dürfe keine Zeit verlieren.

Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Focaldata, über die die "Sunday Times" berichtete, gibt es eine große Unzufriedenheit mit der Politik der britischen Regierung. Die konservativen Torys, denen Premier Boris Johnson als Parteichef vorsteht, würden demnach bei einer Parlamentswahl 81 Sitze im Parlament verlieren - derzeit hat Johnson dort eine Mehrheit von 80 Sitzen. Für das Meinungsbild wurden im Dezember mehr als 22.000 Briten befragt. In diesem Zeitraum drohte noch ein Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Handelspakt, außerdem wurden geplante Corona-Lockerungen über die Weihnachtstage für Millionen von Menschen gestrichen.