APA - Austria Presse Agentur

Justiz-Netzwerk fordert Mittel, Reformen und gute Gesetze

Das Experten-"Netzwerk Kriminalpolitik" hat Forderungen der Justiz an die nächste Regierung zusammengeschrieben. Ganz oben steht "mehr Personal" im Kanzleibereich. Außerdem müsse die Öffentlichkeitsarbeit der Gerichte gestärkt und die Qualität der Gesetzgebung verbessert werden. Auch auf Umsetzung der EU-Opferschutzrichtlinie und die Reform des Maßnahmenvollzugs drängt das Netzwerk.

Die Forderungen wurden in einer - den Koalitionsverhandlern übermittelten - Punktation zusammengefasst. Dem Netzwerk gehören die Richtervereinigung, die Rechtsanwaltskammer, die Opferschutzorganisation Weißer Ring, "Neustart", die Strafrechtler Alois Birklbauer und Christian Grafl sowie das Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie an.

Es pocht auf "dringende Maßnahmen", damit die Justiz ihre Aufgaben in gewohnter Qualität erfüllen kann: "Dringender Handlungsbedarf" bestehe vor allem beim Kanzleipersonal. Eine Aufnahmeoffensive, neue Planstellen und die Attraktivierung der Berufsbilder sei nötig, um die zeitnahe Abfertigung von Urteilen und Entscheidungen gewährleisten zu können. Auch auf den Mangel an Sachverständigen und Dolmetschern weist das "Netzwerk" hin - und fehlende Mittel etwa für IT- oder sonstige Ausstattung: "Oft fehlt es sogar an der erforderlichen Literatur", heißt es.

Den finanziellen Bedarf für 2020 hat Justizminister Clemens Jabloner vor Kurzem in seinem Wahrnehmungsbericht genannt: 90 Mio. Euro mehr (und somit ein Gesamtbudget von 1,7 Mrd. Euro) brauche die Justiz allein, um den Status quo aufrecht zu erhalten.

"Es sollte nicht so sein, dass die Justiz - wie in den letzten Jahren - immer zu wenig Mittel hat, um die laufenden Kosten zu bestreiten", merkte die Präsidentin der (im Netzwerk vertretenen) Richtervereinigung, Sabine Matejka, im Gespräch mit der APA an. Wie viel mehr man für dringend nötige Reformen oder die gebotene Präventions- und Täterarbeit zur Rückfallsvermeidung bräuchte, lasse sich schwer beziffern.

Matejka erhofft von der nächsten Regierung, dass Kriminal- und Strafrechtspolitik wieder "mehr faktenbasiert und nicht so sehr aus dem Bauch heraus" gemacht wird. Alle Gesetzesvorhaben müssten einer Begutachtung unterzogen werden und die Stellungnahmen dürften nicht übergangen, sondern müssten im Parlament behandelt werden. Das Netzwerk kritisiert "Missstände" - zu kurze, ignorierte oder gänzlich weggelassene Begutachtungen - und verlangt, dass kein Gesetz ohne (vom Kanzleramt einmal empfohlene) sechswöchige Begutachtung beschlossen werden soll.

Mehr Ressourcen verlangt das Netzwerk für die Öffentlichkeitsarbeit - um die Arbeit der Justiz verständlich erklären zu können. Die Möglichkeiten dazu seien auch durch rechtliche Vorgaben, besonders bei den nicht-öffentlichen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, stark eingeschränkt. "Darunter leidet die korrekte Wahrnehmung der Justiz", wird konstatiert - und mehr Personal, professionelle Unterstützung durch Experten und eine Evaluierung des rechtlichen Rahmens gefordert.

Im Strafvollzug unterstreicht das Netzwerk vor allem das Ziel der Resozialisierung und pocht auf ausreichend Ressourcen für Ausbildung und Therapien. Die Juristen drängen auch, den seit 2017 vorliegenden Entwurf für die Reform des Maßnahmenvollzugs (also der Unterbringung "geistig abnormer Rechtsbrecher") endlich umzusetzen. Dies scheiterte bisher an fehlenden finanziellen Mitteln.