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Kabarett mit Mehrwert: Neues Programm von Thomas Maurer

In seinem neuen Programm "WOSWASI" teilt Thomas Maurer ganz schön aus. Besser gesagt: Er lässt austeilen. Bleistifte nämlich. Was sich alles Erhellendes damit anfangen lässt, führt er ausführlich vor. Auch sonst ist es Kabarett mit Mehrwert - nicht nur, weil er am Ende seinem Publikum ein echtes Zuckerl mitgibt. Denn man bekommt bei diesem Soloprogramm gleich drei Maurers zum Preis von einem.

Eigentlich ist der Abend, der am Montag im Stadtsaal in Wien Premiere hatte, ja eine Buchpräsentation. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen und auf einen Hocker in der rechten Bühnenhälfte stellt Maurer das Buch "Schnelles Denken, langsames Denken" des US-israelischen Psychologen und Wirtschaftsnobelpreisträgers Daniel Kahneman (auf dessen Cover ein Bleistift abgebildet ist). Den beiden unterschiedlichen Denk-Systemen, die nach Kahneman für die raschen, unüberlegten, auf Erfahrung basierten Entscheidungen sowie für die tiefer gehende, rationale Analyse verantwortlich sind, hat Maurer seinen eigenen Mittelnamen gegeben: Alfred ist der leicht blasierte Kopfmensch, Fredl der erdige Bauchtyp. Im Zweifel ist immer einer der beiden dafür verantwortlich, wenn sich der Kabarettist wieder einmal die Frage stellt: "Warum bin ich eigentlich so deppert?"

Noch einen vierten Herren lernen wir kennen: einen grantigen Alten im grauen Arbeitsmantel. Er residiert im Hirn von Thomas Maurer und verwaltet dessen Personengedächtnis. Leider arbeitet er nicht gerne, außerdem kann sein altes Karteikartensystem im Zeitalter der im Sekundenbruchteil absolvierten Computerabfrage nicht mehr mit der Umgebungsgeschwindigkeit mithalten. Schuld daran, dass Maurer sich Namen nicht mehr so gut merkt ist also nicht das Alter - sondern der Alte.

Seine multiple Persönlichkeit deutet Maurer nur mit wenigen Gesten oder Stimmveränderungen an. Ansonsten regiert der pure Bühnenminimalismus. Im ersten Teil heißt die Choreografie: ein Schritt vor und einer zurück. Im zweiten, als er scheinbar sein Gehirn nach dem Namen einer alten Tante zermartert, wagt er sich vorsichtig auch ein wenig seitwärts. Der rasche Griff zum Buch, der geht jedoch immer. Kahneman liefert den Roten Faden. Und so macht man Bekanntschaft mit komplizierten Begriffen wie Dunning-Kruger-Effekt, confirmation bias und Backfire-Effekt oder bekommt die "Turkey Illusion" anschaulich erklärt: Der Truthahn wird sich mit jedem Tag, an dem er gefüttert und versorgt wird, sicherer, dass das ewig so weiter geht. Dann kommt Thanksgiving.

Auch aus eigener Erfahrung gewonnene Lebensweisheiten hat Thomas Maurer parat. Eine Koloskopie kann ein interessantes Erlebnis sein, sofern man nicht vergisst, vorher den Müll runterzutragen. Die Funktionsweise eines Reißverschlusses muss man nicht um jeden Preis verstehen. Und die Frage nach der ultimativen Formel für Beziehungsstabilität sollte man lieber nicht stellen.

Das alles ist sehr sympathisch, überaus routiniert, ziemlich intelligent und nicht weiter überraschend. Thomas Maurer beweist einmal mehr, dass er Alleinunterhaltung auf hohem Niveau kann. Und wenn Alfred fragen sollte "Wäre da nicht mehr drinnen gewesen?", würde Fredl vermutlich antworten: "Woswasi. Aber gelacht hamms eh, oder?" Ja, eh. Weitere Vorstellungen im Stadtsaal gibt es am 16., 17., 18., 24., 25., 30. und 31. Jänner.