APA - Austria Presse Agentur

Kahlschlag bei Karstadt und Kaufhof - 62 Häuser schließen

Kahlschlag beim letzten großen deutschen Warenhauskonzern: Bei Galeria Karstadt Kaufhof schließt fast jede dritte Filiale, 6.000 Beschäftigte verlieren ihren Job. Für zunächst 62 der insgesamt 172 Warenhäuser sei das Aus besiegelt, teilte der Konzern am Freitag mit: "Für sie besteht keine wirtschaftliche Fortführungsperspektive."

Die Schließungen sind Teil eines Sanierungsplans der in der Coronakrise um ihr Überleben kämpfenden Kette, die auch mit ihren Vermietern über Miet-Nachlässe verhandelt. Der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz und der gerichtlich bestellte Sachwalter Frank Kebekus einigten sich mit den Arbeitnehmern auf einen Sozialplan für die betroffenen Mitarbeiter und einen Interessenausgleich. "Die unternehmerische Entscheidung zur Schließung von Warenhaus-Filialen trifft die rund 6.000 Beschäftigten und ihre Familien hart", beklagte Verdi. Für die Betroffenen solle es Abfindungen geben, zudem können sie für sechs Monate in einer Transfergesellschaft beschäftigt werden.

"Letztlich geht es darum, das Unternehmen und damit viele tausend Arbeitsplätze zu sichern", sagte der Generalbevollmächtigte Geiwitz. Allerdings könnte es noch weitere Filialen treffen: Das Aus für 20 Filialen stehe bei Karstadt Sports im Raum, letzte Verhandlungen zwischen Management und Arbeitnehmern zu den Plänen liefen noch am Freitag, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Damit werde auch die Zahl der von den Schließungsplänen betroffenen Mitarbeiter weiter steigen, hieß es.

Galeria Karstadt Kaufhof kämpft in der Coronakrise ums Überleben, dem Konzern brechen die Umsätze weg. Der Warenhaus-Riese hatte Anfang April ein Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Dieses gilt als Vorstufe der Insolvenz, folgt den gleichen Regeln und mündet oft in ein reguläres Insolvenzverfahren. Der Konzern gehört ebenso wie zahlreiche seiner Warenhaus-Immobilien der Signa-Holding des österreichischen Immobilien-Investors Rene Benko. Dieser hat bei Galeria Karstadt Kaufhof seit Juni 2019 das alleinige Sagen. Signa sparte nicht mit vollmundigen Ankündigungen: Die Fusion von Karstadt und Kaufhof ermögliche "die Umsetzung der Vision vom Marktplatz der Zukunft", erklärte Benkos Holding. Es gehe dabei "um nichts weniger, als die Zukunft der Innenstädte und des innerstädtischen Handels insgesamt maßgeblich mitzugestalten". Doch der "Marktplatz der Zukunft" kam nicht in Schwung, Arbeitnehmer kritisierte immer wieder, bei Galeria werde nur gespart, es fehle ein schlüssiges Konzept. Benkos Interesse gelte den Immobilien, kritisierten sie. Ein Paket mit 17 Immobilien hat Signa Insidern zufolge bereits an einen Finanzinvestor weitergegeben. Die Coronapandemie und die folgenden vorübergehenden Schließungen von Filialen stürzten die Kette endgültig in die Krise.

Kebekus und Geiwitz arbeiten nun unter hohem Zeitdruck den Sanierungsplan aus und setzen auch auf Zugeständnisse der Vermieter. Die Lage ist dabei dramatisch: "Galeria Karstadt Kaufhof hat während der Zeit der Komplettschließung mehr als eine halbe Milliarde Euro verloren", hieß es in einem Schreiben der Geschäftsleitung im Mai: "Insgesamt dürfte sich der Umsatzverlust auf bis zu einer Milliarde Euro erhöhen."

Immerhin fallen die Schließungspläne weniger drastisch aus als ursprünglich befürchtet: Bei dem Warenhaus-Riesen waren nach den ersten Plänen von Kebekus bis zu 80 Kaufhäuser vom Ende bedroht. Geiwitz und Kebekus wollen nun am 22. Juni den Gläubigern des Konzerns einen Insolvenzplan präsentieren.

Auch für die betroffenen Kommunen bedeuten die Pläne für die Schließung der Warenhäuser in zentralen Innenstadtlagen einen herben Rückschlag. "Stirbt der Handel, stirbt die Stadt", warnte der Einzelhandelsverband HDE. Der Verband hält es für möglich, dass durch die aktuelle Krise rund 50.000 Handelsstandorte in Deutschland verloren gehen - viele davon auch in den Zentren der Kommunen.