APA - Austria Presse Agentur

Klimarat-Vorschläge im Umweltministerium nach wie vor Thema

Vom Grundrecht auf Klimaschutz bis zum Bodenversiegelungsstopp - mehr als 90 Empfehlungen hat der Klimarat der Bürgerinnen und Bürger im Juli 2022 ausgesprochen. Man beziehe "die Empfehlungen in all unsere Arbeiten ein", heißt es etwa ein Jahr später aus dem Umweltministerium. Glaziologe Georg Kaser, Co-Leiter des wissenschaftlichen Beirats im Klimarat, bleibt von dessen Konzept überzeugt, empfindet die österreichischen Klimaschutzmaßnahmen aber nicht als ausreichend.

100 zufällig ausgewählte Menschen hatten im ersten Halbjahr 2022 an sechs Wochenenden Empfehlungen an die Politik erarbeitet, um im Jahr 2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Einige seien bereits umgesetzt, andere in Arbeit, lässt das Ministerium von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) wissen - so gebe es mit dem "Circularity Hub" bereits eine zentrale Stelle für Kreislaufwirtschaft, das Vernichtungsverbot für neuwertige Waren befinde sich aktuell in regierungsinterner Abstimmung, in die derzeit vom Kulturministerium erarbeitete Novelle des Denkmalschutzgesetzes habe man die Vorschläge des Klimarats ebenso eingebracht. Außerdem sollen die Empfehlungen in einem neuen Klima- und Energieplan berücksichtigt werden - "wo das in unserem Bereich möglich ist" - heißt es seitens des Ministeriums. Dieser müsse bis Mitte 2024 an die EU-Kommission übermittelt werden.

Ende November 2022 hatte das Umweltministerium mit einem 130-seitigen Papier auf die Empfehlungen reagiert und darin erläutert, ob, wie und von wem die Punkte umsetzbar wären. Die Empfehlungen des Klimarats fallen auch in Zuständigkeitsbereiche aller anderen Ministerien und der Bundesländer, heißt es seitens des Umweltministeriums. Eher pessimistisch äußerte man sich damals etwa zum Grundrecht auf Klimaschutz, das aufgrund der fehlenden Verfassungsmehrheit nicht umsetzbar sei, und auch die Neuordnung der Raumordnungskompetenzen weg von den Gemeinden falle in den Bereich des Verfassungsgesetzgebers. Auch wurde auf bereits Erreichtes, etwa die CO2-Bepreisung, die Forcierung des öffentlichen Verkehrs oder die Sanierungsoffensive im Wohnbereich im Rahmen der Umweltförderung, hingewiesen.

Der Klimarat habe jene Politikerinnen und Politiker, die dem Klimaschutz und Bürgerräten sowieso ablehnend gegenüberstanden, wohl nicht überzeugt, sei von anderen aber sehr wohl gehört worden, resümierte Kaser. Er spricht von unterschiedlichen Reaktionen in den Ländern - so hätte man etwa bei der Vorstellung der Vorschläge in Tirol einen "sehr guten Austausch" erlebt. Die österreichischen Anstrengungen in Sachen Klimaneutralität 2040 sind für ihn allerdings nicht ausreichend. In Summe sei man weit weg von einer CO2-Reduktion, "auch wenn es da und dort Bemühungen gibt", so Kaser.

Dass ein vom Klimarat gefordertes Grundrecht auf Klimaschutz oder ein Ersatz für das seit mehr als zwei Jahren ausgelaufene Klimaschutzgesetz nicht vor der Tür stehen, ist für Kaser "politische Realität", angesichts der Dringlichkeit könne er die Ablehnung allerdings nicht nachvollziehen. Nicht in die Empfehlungen des Klimarats geschafft hatte es ob des Widerstands Einzelner eine 100-km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung. Diese sei jedoch wichtig und schnell umsetzbar, meinte Kaser: Man schränke damit sowohl CO2-Ausstoß als auch Treibstoffkonsum ein. Vor jedem Projekt sollte außerdem eine CO2-Bilanz berechnet werden, empfiehlt er weiter.

Seine Ergebnisse hatte der Rat im Juli 2022 schließlich an Gewessler sowie an Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) übergeben. Auf APA-Anfrage nach der seitherigen Beschäftigung mit den Empfehlungen verwies man im Wirtschaftsministerium auf das Umweltministerium, auf dessen Initiative der Klimarat entstand, sowie die "Klima- und Transformationsoffensive": Damit unterstütze man Wirtschaft und Industrie "unter anderem beim Umstieg auf erneuerbare Energien und der Schaffung neuer Kompetenzfelder im Bereich Green Jobs". In den kommenden Jahren werden dafür 600 Millionen Euro bereitgestellt. Vom Klimarat war etwa gefordert worden, den Arbeitsmarkt in Richtung Klimaschutz zu unterstützen.

Die Idee hinter dem Klimarat befürwortet Kaser weiterhin. Damit sei ein demokratiepolitisches Instrument auf Bundesebene ausprobiert worden, das "sehr, sehr erfolgreich war". Er empfiehlt, Bürgerräte auch zu anderen Themen einzusetzen - besonders in den derzeitigen Krisenzeiten, die die Regierenden überfordern und die Bevölkerung zu den politischen Rändern treiben würden. Im Klimarat habe man gesehen, dass Menschen bereit seien, aus ihrer Komfortzone auszubrechen. Für die Beteiligten jedenfalls war der Klimarat nachhaltig: Viele von ihnen sind weiterhin im Verein Klimarat aktiv.