APA - Austria Presse Agentur

Klimawende wird für Autobranche zur "Mammutaufgabe"

Strenge EU-Klimavorgaben, zögernde Kunden und lautstarke Proteste von Umweltaktivisten: Der Umstieg in die E-Mobilität wird für die Autobranche zum Kraftakt. Zu Beginn der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Dienstag rückten die großen Hersteller insbesondere ihre neuen Elektroautos in den Blickpunkt.

Die Kunden greifen aber nach wie vor lieber zu den großen sportlichen Geländewagen (SUV), denen Kritiker vorwerfen, besonders klimaschädigend zu sein. "Viele sind ungeduldig, vielen geht der Wandel nicht schnell genug - wir sind auch ungeduldig", sagte der neue Daimler-Chef Ola Källenius. "Die Klimawende ist eine Mammutaufgabe, die nur im Zusammenspiel vieler Kräfte Erfolg haben kann."

Der Chef des Automobilverbands VDA, Bernhard Mattes, zeigte sich im "ZDF-Morgenmagazin" zuversichtlich, dass eine breite Angebotspalette und eine ausgebaute Ladeinfrastruktur der Elektromobilität zum Durchbruch verhelfen werden. Dafür investieren allein die deutschen Hersteller und Zulieferer in den kommenden drei Jahren 40 Mrd. Euro, das Angebot soll auf 150 Modelle verfünffacht werden.

Die ohnehin schon durch Handelskonflikte gebeutelte Autobranche stellt das aber vor große Hürden. "Sie haben Autos, deren Bau zusätzliche 10.000 Euro kostet, Flottenemissionsziele, die ein bestimmtes Verkaufsvolumen erfordern und Verbraucher, die die Autos am Ende vielleicht wollen oder auch nicht", sagte ein Manager des französischen Autoherstellers PSA, zu dem auch Opel gehört. PSA-Chef Carlos Tavares geht sogar davon aus, dass die CO2-Vorgaben einige Firmen in den nächsten Jahren in die Pleite führen werden: "Ich wäre überrascht, wenn wir angesichts des Umfangs der bevorstehenden Veränderung nicht ein paar Insolvenzen sehen werden."

Bis 2021 müssen die Autohersteller den CO2-Ausstoß von Neuwagen in der Europäischen Union im Durchschnitt auf 95 Gramm pro Kilometer senken - gegenwärtig liegt der Schnitt bei 120,5 Gramm. Für jedes Gramm darüber werden 95 Euro Strafe je verkauftem Fahrzeug fällig. In der nächsten Stufe muss der Ausstoß bis 2030 um weitere 37 Prozent gesenkt werden.

VW-Chef Herbert Diess zeigte sich überzeugt davon, dass der Konzern die schärferen Klimavorgaben erfüllen wird. "Wir werden unsere Flottenziele erreichen und damit keine Strafen zahlen", sagte er Reuters-TV. VW präsentiert auf der IAA erstmals den rein batteriegetriebenen ID.3 einem großem Publikum. Der Kompaktwagen, der an den früheren Bestseller VW Golf erinnert, macht den Auftakt für eine E-Offensive, mit der VW in den nächsten Jahren zum Marktführer bei E-Autos aufsteigen will. Daimler-Chef Källenius bangt trotz neuer Elektroautos in der Flotte um das Erreichen der Klimaschutzziele, wie er in Frankfurt erklärte.

VW-Chef Diess forderte auf der IAA staatliche Unterstützung, um die Akzeptanz beim Kunden für Elektroautos zu fördern. Der Chef des Zulieferers Continental, Elmar Degenhart, schlug vor, die Politik solle angesichts der schwachen Konjunktur und der hohen Investitionen die Steuer- und Abgabenlast für Unternehmen und Verbraucher senken.

Vor den Toren der IAA demonstrierten Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace gegen klimaschädliche Abgase. Als Abgaswolke hinter einem überdimensionierten Geländewagen füllten sie einen 1.400 Kubikmeter großen schwarzen Ballon mit der Aufschrift "CO2". Dieser fasst nach Angaben von Greenpeace etwa 2,5 Tonnen klimaschädliches CO2 - diese Menge hätten die in den ersten sieben Monaten in Deutschland zugelassenen SUV ausgestoßen, bevor sie 30 Meter gefahren seien. "Wir brauchen eine schmerzhaft hohe Zulassungssteuer für Klimakiller, damit die Verkehrswende endlich vorankommt", erklärte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel eröffnet die IAA offiziell am Donnerstag. Danach haben zunächst Fachbesucher Zugang, bevor die Tore am Samstag für das breite Publikum geöffnet werden.