APA - Austria Presse Agentur

Kompatscher sieht Neuwahl-Gefahr bei Draghi-Wechsel

Südtirols LH Arno Kompatscher (SVP) sieht für den Fall, dass Premier Mario Draghi zum Staatspräsidenten avanciert, die reelle Gefahr für eine Regierungskrise mit anschließender Neuwahl in Italien. "Es besteht die Gefahr, dass ein dann nominierter Ministerpräsident nicht ohne weiteres die Mehrheit erhalten wird", sagte Kompatscher im APA-Interview. Er wünsche sich jedenfalls einen Verbleib Draghis als Premier, denn dieser habe Italien "sehr gut durch die Krise geführt".

Die Frage im Vorfeld der Präsidentenwahl am 24. Jänner durch das Parlament in Rom werde sein, ob man für den Fall eines Wechsels Draghis in das Präsidentenamt eine geeignete Persönlichkeit für das Amt des Ministerpräsidenten ausfindig machen könne. Und dies bezeichnete Kompatscher als "schwierig", schließlich habe Draghi durch seine Persönlichkeit und Autorität viele Gegensätze in der bestehenden Allparteienregierung zugedeckt. "Es besteht die Gefahr der politischen Instabilität. Für eine Regierungsmehrheit braucht es die Unterstützung vieler unterschiedlicher Parteien", bewertete der Landeshauptmann die derzeitige politische Lage. Eine Prognose, ob Mario Draghi für das Amt des Staatspräsidenten kandidiert, wollte Kompatscher nicht abgeben.

Der erst seit Februar amtierende Regierungschef genieße jedenfalls "großes internationales Ansehen" und habe eine "breite geschlossene Mehrheit quer über alle Parteigrenzen" hinter sich vereint, sah der Landeschef Draghi weiter lieber in seinem derzeitigen Amt. Lobende Worte hatte Kompatscher aber auch für den offenbar nicht mehr kandidierenden Staatschef Sergio Mattarella übrig: "Er war ein herausragender Staatspräsident mit großer persönlicher Autorität und Glaubwürdigkeit".

Mattarella hatte erst im Dezember mit einer die Autonome Provinz betreffenden Entscheidung aufhorchen lassen, indem er den in Italien zu lebenslänglicher Haft verurteilten ehemaligen Südtirol-Aktivisten und "Pusterer Buam" Heinrich Oberleiter begnadigte. Die drei Kinder des 80-Jährigen hatten sich 2018 an Mattarella gewandt und die Begnadigung beantragt. Politischen Forderungen dies- und jenseits des Brenners nach einer Begnadigung der verbliebenen, noch lebenden Südtirol-Aktivisten wollte sich Kompatscher nicht anschließen. "Eine Begnadigung ist ein Akt des Präsidenten nach einer Bewertung der Position des Antragstellers. Es braucht also einen Antrag", betonte Kompatscher. Solange in den anderen Fällen kein Antrag vorliege, sei "jede Diskussion darüber müßig". Einige politische Akteure würden immer wieder den Fehler begehen, dieses Prozedere außer Acht zu lassen.

"Kontinuität" wünschte sich Kompatscher indes vom neuen österreichischen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in der Südtirol-Politik. Österreich habe in der Vergangenheit immer - auch unter Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) - "die Interessen Südtirols nicht nur mitbedacht, sondern auch in die Handlungen miteinbezogen", sprach der Landeshauptmann die seit dem Gruber/De Gasperi-Abkommen bestehende Schutzfunktion der Republik an. Den Rückzug von Kurz wolle er weder bewerten noch kommentieren, es habe "schwerwiegende Vorwürfe" gegeben - und nun sei der Übergang zu einem neuen Kanzler mit einem teils neuen Team erfolgt. Er kenne Nehammer persönlich und habe in dessen Zeit als Innenminister bereits mit ihm zusammengearbeitet. Sicher werde es in nicht allzu ferner Zukunft einen Besuch bei der Staats- und Regierungsspitze in Wien geben, so der Südtiroler Landeshauptmann.