Konsumentenschützer:innen warnen vor Chemikalien in Unterwäsche
Nur 45 von 71 untersuchten Produkten, vornehmlich Baumwolltextilien, bekamen eine gute Note - sie enthielten keine oder nur sehr geringe Mengen an Bisphenolen. Bei 26 der getesteten Unterhosen wurden diese hingegen nachgewiesen, in sieben Fällen müsse sogar wegen möglicher negativer gesundheitlicher Folgen vom Kauf "entschieden abgeraten" werden. Mikrofaser-Textilien sind am stärksten betroffen.
Auffällig war, "dass nur 47 Prozent der für Frauen erhältlichen Unterhosen in Österreich frei von oder nur gering mit Bisphenolen belastet waren", hieß es am Donnerstag. Damenunterwäsche bestehe großteils aus synthetischen Fasern. Bei Mädchenunterwäsche waren hingegen 77 Prozent, bei Buben- und Männerunterwäsche 81 Prozent frei oder gering belastet.
Die 16 Produkte mit den höchsten Werten wurden einem Waschtest unterzogen. Das Waschen verringere das Risiko "nicht unbedingt", wurde betont: "Während bei einigen Proben eine Reduzierung um 90 bis 99 Prozent erreicht wurde, war bei anderen keine Reduzierung messbar." An der Bewertung änderte sich aber selbst bei einer 99-prozentigen Entfernung nichts. "Der Gehalt war auch nach dem Waschen noch so hoch, dass es nicht für eine Ampel-Einstufung auf 'gelb' oder gar 'grün' reichte", so die Testerinnen und Tester.
Bisphenole kommen bei der Herstellung von Kunststoffen zum Einsatz. Zudem werden sie zur Farbfixierung der Textilien verwendet. Viele Bisphenole können laut den Konsumentenschützern die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und bereits in niedrigen Dosen das Hormonsystem stören sowie Hautallergien auslösen. Zu den hormonschädlichen Effekten zählen demnach weiters die Erhöhung des Risikos für Brust- und Prostatakrebs, Fettleibigkeit, Stoffwechselstörungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die Stoffe reichern sich im Körper und in der Umwelt an. Regelungen gibt es aktuell nur für Bisphenol A (BPA), beispielsweise in Spielzeug, Thermopapier und Lebensmittelkontaktmaterialien, da es am häufigsten eingesetzt wird und am besten untersucht ist. Im Labor habe sich gezeigt, dass BPA aus der Kleidung in den Schweiß übergehen und mit hoher Wahrscheinlichkeit über die Haut in den Körper gelangen kann.
Kein Zusammenhang bestehe zwischen der Marke bzw. dem Preis und der Schadstoffmenge, stellten die Fachleute fest. "Unsere Testungen haben ganz klar gezeigt, dass synthetische Stoffe und Bisphenolbelastung Hand in Hand gehen. Je höher der Anteil an Kunstfasern in Unterwäsche, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Belastung mit Bisphenolen", sagte Projektleiterin Birgit Schiller. Sie rät zu Baumwollprodukten. "Darin sehen wir die einzige effektive Vorgehensweise, das gesundheitsschädliche Risiko, das von chemischen Bisphenolen in Unterwäsche ausgeht, zu reduzieren." Vor allem Textilien, die direkt auf der Haut getragen werden, sollten nicht aus Kunststoff sein.
Grundsätzlich sei aber die Politik gefordert: "Nur eindeutige Verbote oder Grenzwerte werden alle Hersteller dazu bewegen, genauer auf ihre Produktionsprozesse zu achten. Solange es diese nicht gibt, wird sich an der Situation nichts ändern. Wir benötigen rasch eine europäische Regelung, die alle Bisphenole und alle Gebrauchsgegenstände umfasst."
Die Untersuchung von Unterwäsche für Erwachsene und Kinder wurde im Rahmen des EU-geförderten Projektes "ToxFree LIFE for all" mit Partnerorganisationen aus Slowenien, Tschechien und Ungarn durchgeführt. Bisphenol A sei "nicht die einzige kritische Bisphenolverbindung, die in den Textilien gefunden wurde".
(S E R V I C E - Testergebnisse ab 29. September in der Oktober-Ausgabe der Zeitschrift "Konsument" und auf www.konsument.at/schadstoffe )
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