APA - Austria Presse Agentur

Korruptionsskandal in Vietnam: Staatspräsident trat zurück

In Vietnam ist Präsident Nguyen Xuan Phuc infolge eines Korruptionsskandals während der Corona-Pandemie zurückgetreten. Dies berichtete die staatliche Nachrichtenagentur VNA am Dienstag unter Berufung auf das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei. Schon seit Tagen hatte es Gerüchte über seine bevorstehende Absetzung gegeben. Phucs Schritt gilt in Vietnam als äußerst ungewöhnlich. Bisher trat erst ein Präsident in dem südostasiatischen Land zurück - aus Altersgründen.

Auf Anweisung von Parteichef Nguyen Phu Trong laufen seit Monaten Korruptionsermittlungen gegen ranghohe Amtsträger, die noch auf die heiße Phase der Corona-Pandemie zurückgehen. Zum einen geht es um den Vertrieb von Corona-Tests zu deutlich überhöhten Preisen, zum anderen um Bestechung bei der Rückführung vietnamesischer Staatsbürger nach der Schließung der Grenzen.

Mehr als hundert ranghohe Amtsträger, darunter der Gesundheitsminister und Hanois Bürgermeister, wurden bereits festgenommen. Noch im Jänner enthob das Parlament dann die beiden Vize-Regierungschefs Pham Binh Minh und Vu Duc Dam ihrer Ämter. Minh war gleichzeitig Außenminister, Dam war für den Kampf gegen das Coronavirus zuständig.

In einer offiziellen Mittelilung hieß es: "Da er sich seiner Verantwortung gegenüber der Partei und dem Volk bewusst war, reichte Phuc einen Antrag auf Rücktritt von seinen Ämtern ein und geht in den Ruhestand." Wer sein Nachfolger wird, war noch nicht bekannt. Phuc stand seit April 2021 an der Spitze Vietnams. Davor war er fünf Jahre lang Ministerpräsident. Den staatlichen Medien zufolge machte die Partei den 68-Jährigen für das Fehlverhalten von Mitgliedern seines Kabinetts in seiner Zeit als Regierungschef verantwortlich. Mit seinem Rücktritt habe Phuc die Verantwortung für deren "Verstöße und Fehler" übernommen, "die sehr ernste Folgen hatten", zitierte VNA eine Erklärung des Zentralkomitees.

Nach Einschätzung des Experten Hong Hiep vom SEAS-Yusof Ishak Institute in Singapur könnte Phucs Rücktritt auch mit Machtkämpfen innerhalb der KP zusammenhängen. Obwohl der Schritt vor allem mit den Korruptionsermittlungen zu tun habe, lasse sich nicht ausschließen, dass Phucs "Rivalen ihn auch aus politischen Gründen aus seinem Amt entfernen wollten", sagte Hiep der Nachrichtenagentur AFP.

Er verwies auf den für 2026 anstehenden Rücktritt von Parteichef Trong. Mit Phucs politischem Ende scheide ein Kandidat für Trongs Nachfolge aus, sagte Hiep. Als einen der Kandidaten für das Präsidentenamt nannte der Experte den derzeitigen Minister für öffentliche Sicherheit, To Lam. Mit dem Wechsel an der Staatsspitze ändere sich vermutlich aber nur wenig, da die wichtigsten politischen Entscheidungen in Vietnam in der Regel von den derzeit 16 Mitgliedern des mächtigen Politbüros entschieden würden, sagte Hiep.