Kosovos Premier will Posten im Nordkosovo nachbesetzen

Kosovos Premier will noch heuer EU-Mitgliedschaftsantrag stellen
Der kosovarische Regierungschef Albin Kurti will die vakanten Posten im Nordkosovo nach dem Rückzug der Serben aus den kosovarischen Institutionen rasch nachbesetzen und nicht auf eine Rückkehr der Serben warten. "Wir können kein Vakuum erlauben", sagte Kurti bei einem Wien-Besuch im Gespräch mit der APA. Die von Serbien, aber auch von den USA und der EU geforderte Umsetzung der 2013 vereinbarten Bildung einer Gemeinschaft der serbischen Gemeinden im Nordkosovo lehnt er ab.

"Für vier Bürgermeister im Norden des Kosovo werden wir Neuwahlen organisieren müssen", meinte der kosovarische Premier. Für die zehn serbischen Mitglieder des kosovarischen Parlaments von der Belgrad-treuen Serbischen Liste müssten andere nachrücken. "Wenn die nicht wollen, müssen wir mit anderen Partnern weitermachen", so Kurti. Auch die Polizisten müssten so schnell und so reibungslos wie möglich ersetzt werden, "denn wir müssen Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit für alle sicherstellen". Es brauche gute Polizisten mit persönlicher und professioneller Integrität unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit.

In einer neuerlichen Eskalation des Konflikts im Nordkosovo hatten die ethnischen Serben aus Protest vergangene Woche ihre Ämter in kosovarischen Institutionen wie Polizei, Justiz, Parlament und Kommunen niedergelegt. Anlass war die von der kosovarischen Regierung eingeführte Verpflichtung, die vom Nachbarland Serbien ausgestellten Kfz-Kennzeichen durch kosovarische zu ersetzen. Hinter der Protestaktion sieht der kosovarische Premier nur "eine extremistische Minderheit innerhalb der serbischen Minderheit". Die große Mehrheit von 90 Prozent der Kosovo-Serben habe ihre Auto-Kenntafeln bereits umgetauscht.

Auch bei den bisher 1.500 verhängten Strafmahnungen an serbische Autobesitzer habe es bisher keine einzige Klage oder Vorfall gegeben. "Alle Serben nehmen das Papier und richten nicht einmal ein böses Wort an die Polizisten, die Bürger sind gut und friedlich". Das Problem seien illegale und von Belgrad finanzierte Strukturen im Norden des Kosovo.

Die von Belgrad als Bedingungen für die Rückkehr der Serben in die kosovarischen Institutionen genannte Umsetzung der 2013 vereinbarten Bildung einer Gemeinschaft der serbischen Gemeinden im Nordkosovo, die auch von den USA und der EU seit langem eingefordert wird, lehnte der kosovarische Regierungschef ab. "Ich kam vergangenes Jahr an die Macht, es waren meine Vorgänger, die dieses Abkommen unterzeichnet haben, mit denselben Leuten, die heute in Serbien noch an der Macht sind, warum haben sie es damals nicht umgesetzt?", so Kurti.

Zudem habe das kosovarische Verfassungsgericht die Bestimmungen der unter EU-Vermittlung getroffene Vereinbarung als verfassungswidrig bezeichnet. "Unsere Verfassung ist nicht vereinbar mit einer ethnischen Vereinigung", denn die Essenz der kosovarischen Verfassung sei die Multiethnizität des Staates. Auch kämen die Forderungen nach einer derartigen Autonomie für die mehrheitlich serbisch bewohnten Gebiete im Nordkosovo nicht von der dortigen Bevölkerung. "Nur Belgrad will das, um kompensiert zu werden für die Verluste, die es im Krieg zur Zeit von Milosevic erlitten hat", aber das sei nicht "machbar".

Dennoch zeigte sich Kurti zuversichtlich, dass es in den kommenden zwei Jahren zu einer endgültigen Vereinbarung mit Serbien für eine vollständige Normalisierung der Beziehungen der beiden Länder kommen werde. "Die gegenseitige Anerkennung wird nicht das einzige Thema sein, aber sie sollte das zentrale Stück sein", so der albanische Regierungschef.

Einen jüngst beiden Seiten vorgelegten deutsch-französischen Plan bezeichnete Kurti "als eine gute Basis für Diskussionen", ohne auf die Details des vorerst nicht bekannten Plans einzugehen. Positiv sei, dass er wertebasiert sei und nicht wie frühere Ansätze nur auf Problemlösung orientiert sei. "Es gibt viele Mängel, aber es ist ein guter Ausgangspunkt", so der Regierungschef.

In den vergangenen Monaten habe es durchaus Erfolge gegeben, meinte Kurti und verwies auf die Einigung auf einen Fahrplan für Energiefragen im Nordkosovo sowie die im Sommer erreichte Vereinbarung zu den Einreisedokumenten. Ein Erfolg sei auch, dass man seit August ein Abkommen als klares Ziel der Verhandlungen festgelegt habe. "Ich bin auch sehr optimistisch, weil wir mit US-Präsident Joe Biden in Washington und Kanzler Olaf Scholz in Berlin eine gute Gelegenheit haben um ein Abkommen zu erreichen".

Noch bis Jahresende wolle seine Regierung einen Antrag auf eine EU-Mitgliedschaft stellen, kündigte er an. "Wir wollen unseren Willen öffentlich zeigen, dass wir der EU beitreten wollen", so Kurti.

(Das Gespräch führte Judith Egger/APA).

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