APA - Austria Presse Agentur

Krisengespräche zu Libyen: Erdogan und Putin in Istanbul

Inmitten der sich zuspitzenden Lage in Libyen wollen die Türkei und Russland nach Lösungen für den Konflikt suchen. Dazu treffen sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Kremlchef Wladimir Putin am Mittwoch in Istanbul. Auch die Situation in Syrien werde am Rande der Eröffnung der Gas-Pipeline Turkish Stream dort diskutiert, hieß es aus dem Kreml.

In beiden Ländern unterstützen die russische und die türkische Regierung unterschiedliche Konfliktparteien. In Libyen herrscht seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi 2011 Bürgerkriegschaos. Die Türkei unterstützt dort die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj, die mit dem den einflussreichen General Khalifa Haftar um die Macht kämpft. Russland wiederum steht aufseiten von Haftar, der unter anderem auch von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird.

Die international anerkannte Regierung in Tripolis gerät durch Gebietsgewinne der Truppen Haftars zunehmend unter Druck. So hatten Haftars Streitkräfte am Montag die strategisch wichtige Küstenstadt Sirte eingenommen.

Erdogan hatte Sonntagnacht mitgeteilt, dass die Türkei erste Soldaten nach Libyen entsandt habe. Kämpfen sollen sie nicht. Erdogan sprach von Koordinationsaufgaben. "Als Kampftruppen werden wir dort andere Teams haben, sie werden nicht aus unseren Soldaten bestehen", sagte er, ohne allerdings zu erklären, wer damit gemeint ist. Manche Beobachter sagen, dass sich von der Türkei unterstützte syrische Milizionäre in Libyen aufhalten.

Wie genau Russlands Hilfe für Haftar aussieht, ist nicht ganz klar. Immer wieder werden Vorwürfe laut, dass Russland Söldner nach Libyen geschickt habe und Haftars Kampf mit Drohnen unterstütze. Moskau wolle damit seinen Einfluss in der ölreichen Region ausweiten, heißt es. Haftar soll bereits mehrfach in der russischen Hauptstadt gewesen sein. Im Jänner 2017 war ihm sogar die Ehre zuteilgeworden, die im Mittelmeer kreuzende "Admiral Kusnezow" zu besuchen, den einzigen Flugzeugträger der russischen Marine.

Putin hat allerdings zuletzt mehrfach betont, dass der Konflikt nur mithilfe von Diplomatie gelöst werden könne. Russland begrüße deshalb die deutsche Friedensinitiative für Libyen, wie er Bundeskanzlerin Angela Merkel erst kurz vor Silvester zugesichert hat. Deutschland bemüht sich zurzeit, eine internationale Konferenz in Berlin auszurichten, um den UN-Friedensprozess voranzutreiben. Die deutsche Bundeskanzlerin hat in den vergangenen Tagen über die Krise schon mit Erdogan, mit Italiens Regierungschef Giuseppe Conte, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem britischen Premier Boris Johnson gesprochen.

Unterdessen kamen der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu und der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune bei einem Treffen überein, gemeinsam zur Entschärfung des Konflikts beitragen und einen Waffenstillstand herbeiführen zu wollen.

Libyen wird am Mittwoch außerdem Thema bei einer anderen Zusammenkunft in Kairo sein, wo Ägyptens Außenminister Samih Shukri mit Amtskollegen aus mehreren Mittelmeerländern über die Lage beraten will. Die ägyptische Regierung hat die Entsendung türkischer Soldaten scharf kritisiert. Sie sprach von einem "eklatanten" Verstoß gegen internationales Recht und einem Bruch bestehender UN-Resolutionen. Eingeladen sind in Kairo die Außenminister von Frankreich, Italien, Griechenland und Zypern. Frankreich wurde immer wieder vorgeworfen, Haftar zu unterstützen - die Franzosen dementierten das.

In Brüssel war der Konflikt bereits am Dienstag Thema. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte die Entscheidung der Türkei, Soldaten nach Libyen zu entsenden nach einem Treffen mit mehreren Außenministern. "Wir fordern einen Waffenstillstand und ein Ende der Eskalation und der Einmischung von außen, die in den vergangenen Tagen zugenommen hat", sagte Borrell. "Es ist offensichtlich, dass sich dies auf die türkische Entscheidung bezieht, in Libyen mit eigenen Truppen einzugreifen, was wir ablehnen und was unsere Sorgen über die Lage in Libyen steigert."