APA - Austria Presse Agentur

Kritik an Bürokratie beim Kinderbetreuungsgeld

Die Arbeiterkammer und die Volksanwaltschaft haben am Montag den Vollzug bzw. die Gesetzeslage beim Kinderbetreuungsgeld ins Visier genommen. Jedes Jahr gebe es zahlreiche Anrufe und Beschwerden betroffener Eltern, wie es am Montag in einer Pressekonferenz hieß. Berichtet werde von Problemen und "familienfeindlichen Hürden", erläuterten AK-Präsidentin Renate Anderl und Volksanwalt Bernhard Achitz. Präsentiert wurden auch besonders eindrückliche Fälle.

So wurde auf einen - medial bereits geschilderten - Fall einer Familie verwiesen, die seit acht Jahren auf das Kinderbetreuungsgeld wartet. Ein Elternteil ist an einer Universität in den Niederlanden beschäftigt, die österreichischen Behörde würden darum auf einen Antrag dort bestehen. Wie Achitz ausführte, ist die betreffende Person dort aber nicht einmal anspruchsberechtigt. Mittlerweile gebe es zwei Urteile, also in erster und zweiter Instanz, führte Anderl aus. Es sei zugunsten der Familie entschieden worden. Die Behörde habe aber erneut Rechtsmittel erhoben.

Generell wird die Bürokratie um das Kinderbetreuungsgeld als zu kompliziert erlebt, wird bekrittelt. Laut einer AK-Umfrage waren 60 Prozent damit nicht zufrieden. 9 Prozent berichteten sogar von Rückforderungen, etwa weil Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen angeblich nicht durchgeführt wurden. Dabei reiche es aber schon, wenn der Arzt vergisst, ein Feld anzukreuzen. Selbst bei derartigen "Kleinigkeiten" werde oft sofort eine Rückzahlung verlangt.

Viele ärgern sich offenbar auch über die Zuverdienstregeln. Die Höhe bzw. deren Berechnung ist laut der Umfrage oft unklar. Geschildert wurde etwa ein Fall einer Mutter, deren Dienststelle nach dem Mutterschutz fälschlicherweise Urlaub für die Betroffene ausgewiesen hat. Mit dem "Urlaubsgeld" von 800 Euro sei die Person über das Limit gekommen. Sie musste 2.500 Euro innerhalb von 14 Tagen zurückzahlen.

Berichtet wurde heute auch über Entscheidungen der Behörde, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hätten. So sei ein Vater - zwei Jahre nach dem Antrag - darüber informiert worden, dass er die Voraussetzungen für das einkommensabhängige Kindergeld nicht erfüllt. Der Mann hatte sich an die Volksanwaltschaft gewandt und war nicht wie quasi amtlich empfohlen auf die niedrigere "Sonderleistung 1" umgestiegen.

Schwierig sei es mitunter auch, wenn eine Familie übersiedelt und die Ummeldung der Eltern nicht zum gleichen Zeitpunkt erfolgt, hieß es. Da könne es auch zur Rückforderungen etwa der Familienbeihilfe kommen. Laut Achitz sind derartige Maßnahmen oft auch deswegen problematisch, weil damit ein Versicherungsverlust einhergehen kann. Kritisiert wurde auch, dass ein laut AK und Volksanwaltschaft EU-rechtswidriger Erlass des Familienministeriums noch in Kraft sei, der Krankenversicherungsträgern verbietet, mit ausländischen Behörden Kontakt aufzunehmen.

Die Arbeiterkammer forderte die Beseitigung von Hürden und "Fallstricken". So solle etwa die hauptwohnsitzliche Meldung als Anspruchsvoraussetzung beseitigt werden. Auch Mutter-Kind-Pass-Nachweise sollten vereinfacht werden. Pläne zu einer verpflichtende Beratung für Eltern würden von der AK jedenfalls strikt abgelehnt, wie deren Präsidentin ausführte.

Auch der aktuelle Vizeobmann und Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, übte Kritik am Familienministerium bzw. an dessen Weisungen für die Krankenversicherungsträger, die den Vollzug des Kinderbetreuungsgelds administrieren. Der Weisungskatalog gebe eine sehr strenge und wenig soziale Rechtsanwendung vor und verbiete den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Österreichischen Gesundheitskasse die proaktive und versichertenfreundliche Beratung der Versicherten, teilte er in einer Aussendung mit.

"Unter den derzeitigen Rahmenbedingungen ist es für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht möglich, eine kundenfreundliche Beratung anzubieten", beklagte Huss. Es gebe mittlerweile sogar Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft aus dem Familienministerium gegen ÖGK-Beschäftigte, die versichertenorientiert entscheiden wollten.