Künftige Theaterchefin Ostertag lässt Publikum Karten ziehen

Regisseurin und bald Theaterleiterin: Sara Ostertag
Seit wenigen Tagen ist Sara Ostertag designierte Theaterdirektorin, und in wenigen Tagen (nämlich am Freitag, 21. Juni) feiert sie als Regisseurin ihre nächste Premiere. Nicht am Burgtheater oder an einem der Landestheater in Vorarlberg, Nieder- und Oberösterreich, wo sie zuletzt immer wieder inszenierte, sondern am kleinen Kosmos Theater. "In der Kleinheit liegt auch eine große Freiheit", sagt die 39-jährige künftige Chefin des Theaters an der Gumpendorfer Straße (TAG).

Dort sieht Ostertag auch ihre große Chance, jene Veränderungen durchzusetzen, die ihr vorschweben: "Der Grassroots Gedanke ist schon richtig: Wenn eine Struktur klein ist, kann man ihr leichter neue Aufgaben geben und sie als Werkzeug ganz anders benützen. Rein technisch würde mich eine große Struktur natürlich auch reizen." Ihre Regiekarriere werde sie auf jeden Fall mit einzelnen Inszenierungen an den Landes- und Staatstheatern fortsetzen, sobald das TAG-Schiff einmal auf neuen Kurs gebracht ist, meint sie im Gespräch mit der APA.

Das Konzept, das ab Sommer 2025 an der Gumpendorfer Straße umgesetzt werden soll, setzt vor allem auf mehrsprachiges Theater, das viele "Publikümer" einschließt und der Diversität der Menschen in dieser Stadt Rechnung trägt. Die bildende Künstlerin und Theatermacherin Nora Jacobs, die mit Gebärdensprache arbeite, sei ein gutes Beispiel für das, was sie meine, so Ostertag: "Sie kommt aus der Performance-Szene und hat eine totale Reichweite in unterschiedlichste Gruppen."

Für das, was Ostertag im TAG vorhat, braucht es andere Strukturen - und wohl auch mehr Geld. Es werde einen Nachdenkprozess geben, "welche Form der Zusammenarbeit von Spieler:innen und Künstler:innen zukünftig für unser Konzept Sinn macht", und welche weiteren Fördertöpfe man dafür möglicherweise nutzen könne. An Spielplan-Ideen mangelt es nicht. So soll es neben einer eigenen Musikschiene auch eine Comicschiene geben, soll Maria Muhar sich um ein Stand Up Comedy Format kümmern, plant man nach dem Vorbild des in Boston entwickelten Formats "The Jar" ein Outreach-Projekt, bei dem Menschen sich mit Wildfremden zusammentun müssen, um Tickets erwerben zu können und so einen Schneeballeffekt auslösen. "Das ist extrem lustig und erfolgreich. Das zu etablieren wird bei uns vielleicht etwas Zeit brauchen, aber genau solche neue Ideen brauchen wir!"

Ehe das neue TAG anbricht, wird Ostertag u.a. im Landestheater Linz "The Broken Circle" und am Landestheater Niederösterreich Elfriede Jelineks "Angabe der Person" jeweils zur Österreichischen Erstaufführung bringen. Ihre Inszenierung werde "sicher ganz anders" als die Uraufführung von Jossi Wieler, die unlängst bei den Wiener Festwochen gastierte, verspricht die Regisseurin, die sich in ihrer Behandlung des Textes auf Aspekte von Zerstörung, Zerfall und Abbau konzentrieren möchte.

Als Koproduktion der von ihr mitbegründeten Gruppe makemake produktionen mit dem Kosmos Theater kommt am 16. Oktober das Projekt "Alte Meisterin" zur Uraufführung. Es geht um Frauen in der Kunst und ihre Marginalisierung. Die Künstlerin Eva Beresin, der die Albertina gerade eine Ausstellung widmet, malt dabei - begleitet von der jungen Fotografin Apollonia Bitzan - live auf der Bühne.

Doch schon am Freitag hat Sara Ostertags jüngste Inszenierung Premiere. "Run wild in it" kommt im Kosmos Theater heraus und übersiedelt anschließend an das Tangente Festival in St. Pölten. Es geht, u.a. mit Texten von Amir Gudarzi und Musik von Paul Plut, um Tarot. "Ich und Paul Plut haben beide ein Faszinosum für Geister, Riten, österreichische Mythen und ländliches Brauchtum", erklärt die Regisseurin die esoterisch anmutende Thematik.

Vom Tarot-Spiel möchte sie sich vor allem "die Macht der Bilder" und "das Spielerische" ausborgen: "Es ist für uns ein Spaß und ein Spiel mit dem Publikum - und hat nicht ohne Absicht genau zum Zeitpunkt der Sommersonnenwende Premiere." 22 Karten sind im Spiel, jeder Karte ist eine Geschichte und ein Song zugeordnet. Pro Abend können vom Publikum aber nur elf Karten gezogen werden. "Es wird also jeder Abend anders. Und wenn wir Pech haben, werden manche Karten an keinem der Abende gezogen."

(S E R V I C E - "Run wild in it", Konzept: makemake produktionen, Regie: Sara Ostertag, Uraufführung im Kosmos Theater, Wien 7, Siebensterngasse 42, am 21.6., 19 Uhr. Weitere Termine: 21.6., 21 Uhr, 22.6., 19 und 21 Uhr, 28.-30.6. in Sankt Pölten. www.makemake.at; www.saraostertag.com; www.kosmostheater.at)

Kommentare