APA - Austria Presse Agentur

Kuleba: "Russland führt Energiekrieg gegen Europa"

"Der beste und schnellste Weg, den Krieg zu beenden, besteht darin, die Ukraine mit den notwendigen Waffen zu versorgen." Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba erklärte im Interview mit "PULS 24" am Montag zu den derzeitigen Drosselungen der russischen Gaslieferungen: "Russland hat Gas und Öl zu Waffen gemacht und führt einen Energiekrieg gegen Europa."

"Jahrzehntelang hat Russland Gas und Öl als Waffe eingesetzt", meinte Kuleba in dem per Videoschaltung geführten Interview. "Es sollte also nicht überraschen, dass sie es jetzt unter den aktuellen Umständen wieder tun, und es sollte keine andere Interpretation geben." Europa solle sich dem Druck Russlands nicht beugen, "ganz im Gegenteil, die Europäische Union hat in den letzten Monaten bewiesen, dass sie in der Lage ist, eine sehr prinzipientreue Position zu vertreten. Am Ende wird Russland verlieren - und die Ukraine und die Europäische Union werden gewinnen. Ich glaube nicht, dass die Sanktionen aufgehoben werden oder der Druck auf Russland nachlassen wird."

Was die Forderungen Kiews nach weiteren und stärkeren Waffenlieferungen betrifft, sagte Kuleba: "Wenn wir nicht alle Waffen erhalten, die wir brauchen, wird alles mehr oder weniger so bleiben, wie es ist. Im Osten und im Süden werden Kämpfe stattfinden; viele Ukrainer werden sterben, viele Russen werden sterben. Wenn wir die Waffen erhalten, die wir brauchen, werden wir bereit sein, vorzustoßen. Wir werden in der Lage sein, Russland zurückzudrängen, um unsere Gebiete zu befreien und diesem Krieg ein Ende zu setzen."

Was das österreichische Zögern hinsichtlich einer beschleunigten EU-Integration der Ukraine betrifft, meinte Kuleba, er sehe "kein rationales Argument, warum Österreich die Meinung der Europäischen Kommission nicht unterstützen sollte, zumal es ja nicht um eine sofortige Mitgliedschaft geht. Bei der Gewährung des ukrainischen EU-Kandidatenstatus geht es nicht darum, dass die Ukraine sofort Mitglied der Europäischen Union wird, sondern darum, die Ukraine im EU-Integrationsprojekt zu verankern, was im besten Interesse aller ist: Der Ukraine, Österreichs und der Europäischen Union als Ganzes."

Die Entscheidung über einen EU-Kandidatenstatus hätte aber auch "eine große symbolische Bedeutung, fügte Kuleba an, "denn die Europäische Union sendet damit endlich eine sehr klare Botschaft: Die Ukraine ist ein Teil von uns, die Ukrainer sind Europäer, die Ukraine ist Europa. Es spielt keine Rolle, wie viele Jahre es dauern wird, bis die Ukraine Mitglied wird. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die Europäische Union in den letzten 30 Jahren seit der Unabhängigkeit der Ukraine nicht den politischen Willen hatte, die Tatsache anzuerkennen, dass die Ukraine Europa ist. Endlich haben sie es geschafft - hurra! Wir begrüßen ihren Mut und ihr Engagement."

Ängste, Russland mit dem EU-Kurs weiter zu reizen, verneinte der Minister. Noch vor ein paar Monaten sei Russland gegen eine EU-Annäherung der Ukraine gewesen. "Als sie merkten, dass sie diesen Kampf um die Aufteilung Europas in Einflusssphären und um den Verbleib der Ukraine in ihrer Einflusssphäre verloren hatten, sagten sie: Wir hatten nie ein Problem damit, die Ukraine kann mit der Europäischen Union machen, was sie will. Das lehrt uns nur eine Lektion: Tut, was ihr für richtig haltet, und habt keine Angst vor Russland."