Kultursommer: Jens Harzer im Hölderlin-Höhenrausch

Jens Harzer im Rahmen der Überreichung des Iffland-Rings im Wiener Burgtheater.
Mit Jens Harzer begrüßt der Kultur.Sommer.Semmering am 12. Juli einen großen deutschen Schauspieler.

 Im APA-Interview sprach der 52-Jährige über seine "innere Anbindung" an den Text, seinen bevorstehenden Wechsel von Hamburg nach Berlin und den Abbau von Berührungsängsten mit dem Theater. Die geplante "lose Verbindung" zum Burgtheater hat "leider erstmal nicht geklappt".

APA: Wie kam es zu Ihrer Auseinandersetzung mit Hölderlin?

Jens Harzer: Ich habe Hölderlin erst als Jugendlicher und dann als junger Erwachsener entdeckt und mich - als Lesender - immer wieder gern mit ihm beschäftigt, vor allem mit den Gedichten. Vor vier, fünf Jahren reifte schließlich die Idee, den "Hyperion" zusammen mit dem wunderbaren "Ensemble Resonanz" in Hamburg zu entwickeln. Mir bedeutet dieser Text viel, weil ich ihn mag, ohne dazu eine Theorie zu haben, warum das so ist. Als ich mich dann entschieden habe, diesen schweren Text zu einer Lesung werden zu lassen, musste diese Zuneigung und meine persönliche Beziehung dazu überprüft werden. Ich habe versucht, den Text so konkret werden zu lassen, dass daraus eine Lesung wird, der die Leute gerne zuhören. Es sollte nicht zu einer kryptischen, schwer zugänglichen Sache werden.

APA: Wie haben Sie das bewerkstelligt? Hölderlin ist mittlerweile zunehmend aus dem Kanon verschwunden, viele Menschen hören den "Hyperion" bei Ihrer Lesung wahrscheinlich zum ersten Mal.

Harzer: Gerade jetzt, wo ich die Lesung allein und ohne die Musiker mache, war es wichtig, meine Fassung nochmal genau zu überprüfen. Es ist ja ein großer Schritt, in die Struktur dieses Textes einzutauchen, um die zu erzählende Geschichte, die da ja hinter Hölderlins lyrischer Sprache steckt, herauszuarbeiten. Am Ende geht es mir darum: Wie kann man die Geschichte eines tastenden, nach seinem Ort in der Welt suchenden Menschen vor allem anhand der Liebesbegegnung fassen, ohne den Roman zu kennen? Die Fassung kann hoffentlich dabei helfen, dieses Verständnis zu bekommen. Ich mache so etwas immer sehr gründlich, es muss aus einer inneren Notwendigkeit kommen. Ich brauche diese innere Anbindung, damit es eine Berechtigung gibt, sich überhaupt hinzusetzen und etwas vorzulesen.

APA: Sie wechseln 2025/26 vom Thalia Theater Hamburg ans Berliner Ensemble. Worauf freuen Sie sich da schon besonders?

Harzer: Ich war ja jetzt lange in Hamburg, davor war meine künstlerische Heimat sehr lange bei Dieter Dorn in München. Ich weiß sehr gut, wann Dinge zu Ende sind. Man stellt sich ja an einem Ort irgendwann bewusst in Frage, auch, damit es nicht zu bequem wird. Vor allem, wenn man nicht in eine Künstlerfamilie integriert ist, in der man auf Gedeih und Verderb zusammenhält, so wie das früher für mich an den Münchner Kammerspielen war. Und wie es zum Teil für unsere Arbeit mit Johan Simons am Schauspielhaus Bochum gilt. In diesem Sinne freue ich mich auf Berlin, auf etwas Neues. Mich in manchen Dingen neu zu justieren.

APA: Viele Theater bemühen sich darum, neue Publikumsschichten zu erschließen. Wie bewerten Sie diese Bemühungen?

Harzer: Alle Versuche sind richtig. Niemand sollte sich aus- oder eingegrenzt fühlen, das müsste ja der Versuch sein. Aber genau weiß ich das auch nicht. Ich bin ja kein Intendant oder Kulturpolitiker. Ich kann nur sagen, wie es bei mir als junger Mensch war - ich fing an ins Theater zu gehen einzig durch Vermittlung der Schule und großzügiger Lehrer. Ohne jeglichen familiären oder Bildungshintergrund. So verlor ich ganz natürlich die Berührungsängste. So sollte es sein.

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