APA - Austria Presse Agentur

Kunst Haus Wien verhandelt Insektensterben mit "Binsekt"

Das Verhältnis zwischen Menschen und Insekten ist vielfältig: Auf der einen Seite steht das Wissen um ihren essenziellen Nutzen für den Erhalt des ökologischen Gleichgewichts, auf der anderen Seite aber auch oft Ekel. Diese ambivalente Beziehung greifen die Künstler Christina Zurfluh und Bernhard Frue in ihrer neuen Ausstellung "Binsekt" im Kunst Haus Wien lustvoll auf. In mehreren Video-Installationen und mit vier monströsen 3D-Drucken dokumentieren sie, ohne zu werten.

"Hier handelt es sich um keine wissenschaftliche Arbeit", erläuterte Bernhard Frue im Vorfeld der heutigen Eröffnung der Schau in der Garage des Kunst Haus Wien im APA-Gespräch. Vielmehr habe er sich gemeinsam mit Zurfluh in den vergangenen zwei Jahren auf Streifzüge im urbanen wie suburbanen Raum begeben und erst einmal gesammelt. "Mit einem solchen Projekt im Hintergrund ändert sich der Blick automatisch", erklärt er, wie die beiden, die sonst eher in der bildenden Kunst beheimatet sind, eine derartige Fülle von Zufallsfunden anhäufen konnten.

Im Zentrum der Schau stehen ein paar Quadratmeter aufgeschüttete Erde, die mit Mehl bestäubt als Projektionsfläche für fünf Videoarbeiten dienen. Diese organische Lösung verleiht den kurzen Filmen eine ganz eigene Struktur und schafft erstaunlich viel perspektivische Nähe zu dem, was gezeigt wird. So fängt die Kamera etwa Ameisen ein, die sich über ein verlorenes Jausen-Ei hermachen, beobachtet den Überlebenskampf einer Stinkwanze in einem Spinnennetz oder zeigt Mistkäfer und Schmeißfliegen, die sich über am Straßenrand zurückgelassenen menschlichen Kot hermachen. Die Bilder, die sowohl Ekel als auch Interesse hervorrufen können, lassen den Betrachter mit seiner individuellen Lesart allein zurück.

Der künstlerische Ansatz steht unterdessen bei einem Stop-Motion-Film im Fokus, für den das Duo über 150 tote Insekten aus der in den vergangenen zwei Jahren entstandenen Sammlung in unterschiedlichen Positionen abfotografiert hat. Die Ästhetik des Tanzes steht hier freilich im Kontrast zum Insektensterben. Lebenden Insekten, die sich aufgrund menschlicher Lichtverschmutzung an Hauswänden versammeln, ist eine Großprojektion an der Wand gewidmet, während vier gefundene Insekten - etwa eine Libelle im Dunstabzug des Künstlers - eingescannt und via 3D-Druck überdimensional reproduziert wurden und nun von der Decke baumeln.

Bei "Binsekt" handelt es sich um ein assoziatives Kunstprojekt, das Raum für individuelle Interpretationen schafft. Eröffnet wird die Schau übrigens am österreichischen "Earth Overshoot Day": Dabei handelt es sich um jenen Tag, an dem der menschlichen Rohstoffverbrauch hierzulande nicht mehr durch die Bildung neuer Ressourcen gedeckt werden kann und somit auf künftige Ressourcen zugegriffen werden muss.

(S E R V I C E - Ausstellung "Binsekt" im Kunst Haus Wien, 7. April bis 5. Juni. Infos unter www.kunsthauswien.at)