APA - Austria Presse Agentur

Kunstmesse Parallel Vienna erneut in der Semmelweisklinik

Wie im Vorjahr wird die Semmelweisklinik in Wien-Währing wieder Schauplatz der Kunstmesse Parallel Vienna. Über 600 österreichische und internationale Künstlerinnen und Künstler bespielen bis Sonntag die zwei Häuser und 170 Räume der ehemaligen Geburtenklinik und Krankenhausschule. Anlässlich des ersten runden Geburtstages der Messe gibt es dieses Jahr Sonderausstellungen und erstmals einen Skulpturenpark. Die Eröffnung findet heute um 17 Uhr statt.

Das Konzept der Parallel Vienna beinhaltet eine Mischung aus Präsentationen, Interventionen sowie Statements von Galerien, Offspaces und einzelnen Künstlern. Zusätzlich gibt es eine Performance Stage und zahlreiche Kooperationen, etwa mit Museen. Die alternative Kunstmesse findet wie gewohnt parallel zur "großen" viennacontemporary statt, die heuer von 8. bis 11. September stattfindet und von der Marx Halle in den Kursalon Wien übersiedelt ist. Die Parallel Vienna hingegen war schon u.a. im Alten Gewerbehaus nahe dem Stadtpark, in einem alten Bürogebäude in Wien-Leopoldstadt oder in der Alten Post auf der Dominikanerbastei. "Der Pop-Up Gedanke ist gerade sehr populär. Wir hatten ihn schon vor 10 Jahren", meint Stefan Bidner, der künstlerische Leiter der Messe, im Gespräch mit der APA.

Durch eine Zusammenarbeit mit dem Volkstheater Wien präsentieren der US-amerikanische Performancekünstler Paul McCarthy und sein Sohn Damon McCarthy ihre Arbeit auch im Rahmen der Parallel Vienna. Paul McCarthy zählt zu den bedeutendsten Künstlern der Gegenwart, seine Kunst ist sozialkritisch und häufig sexuell provokativ. In einem kleinen Raum wird "CSSC - Trailer" gezeigt. Dabei beobachtet man über einen Bildschirm in 10 Episoden Ronald und Nancy "Raygun", Maria Magdalena, Jesus Christus, Adam und Eva, wie sie sich auf einer Reise in einer Kutsche betrinken und gegenseitig beschimpfen. Die beleidigende und absurde Sprache, die Kritik an Autoritäten und Tyrannen üben will, schlägt schließlich in sexuellen Missbrauch um.

Wer nach dem harten Tobak noch Kapazitäten freihat, sollte sich in den zweiten Stock von Haus A begeben. Hier wird die Anfang des Jahres verstorbene österreichische Lichtkünstlerin und Staatspreisträgerin Brigitte Kowanz geehrt, die die Parallel Vienna lange Zeit unterstützte. Schon beim Eintreten in den Raum wird man von der Botschaft "It's getting worse" empfangen, die in bunten Buchstaben an einem Plakat prangt. Die meisten Werke im Raum stammten jedoch nicht von der Künstlerin selbst, sondern von ihren Schülern, Wegbegleitern wie Franz Graf oder Mentoren wie Oswald Oberhuber, so Stefan Bidner, der den Raum gemeinsam mit Adrian Kowanz, dem Sohn von Brigitte Kowanz, kuratierte. Von ihren eigenen Werken ist nur eines ausgestellt, ein leuchtendes "etc".

Mit Martin Grandits ist auch im Skulpturenpark ein Schüler von Brigitte Kowanz vertreten. Mit einer goldenen Leberkässemmel ("Size does matter") lädt er laut Website dazu ein, "die Ästhetik des Alltäglichen" wahrzunehmen und zeigt "The white sock" auf einer Wiese. Weitere Skulpturen stammen von Hans Weigand ("Wellenbrecher"), vom georgisch-österreichischen Künstler "Begi Guggenheim" (eine menschlich-robotische Figur ohne Titel) und Bruno Gironcoli (Kinderwagen ohne Titel).

Einige der Räume setzen sich mit der Vergangenheit der Semmelweisklinik auseinander. So schafft Corinna Helenelund unter dem Titel "The Backyard On the Seventh Floor" mit einem blauen Zelt einen Schutzraum in der Klinik. "Solche Geburtenstationen waren oftmals mit sehr viel Unsensibilität und Brutalität konnotiert", erklärt Frederike Sperling, Programmleiterin von "das weisse haus", das den Raum bespielt. Auch sonst ist die Geschichte des Hauses überall zu spüren: Ein übrig gebliebener Wasserhahn ragt aus den hellgrünen Kacheln an der Wand, am Gang bröckelt der Putz an einer Stelle und gibt eine braunrote Ziegelmauer frei.

So manche Installation bahnt sich sogar einen Weg in die Freiheit, wie die schwarzen "Parallel Tubes" von Moritz M. Polansky, die sich - als Anspielung auf unsere Gesellschaft - laut der Beschreibung "ans Licht zwängen", "sich gegenseitig den Raum absperren" und "auf den Druck der anderen Tubes reagieren". Und einer der Gänge der Klinik führt die Besucher mitten in einen der aktuellen Kunstdiskurse: Eine Flechthaar-Skulptur der US-amerikanischen Künstlerin Adrian Hall erinnert daran, dass auch Frisuren keine reine Privatsache mehr sind.

(S E R V I C E - Parallel Vienna, 6.9.: 17-22 Uhr, 7.-9.9.: 13-20 Uhr, 10.-11.9.: 12-19 Uhr, Semmelweisklinik, Wien 18, Hockegasse 37, Haus A&B, 1180 Wien https://parallelvienna.com)