APA - Austria Presse Agentur

Corona: Kurz fordert rasche Zulassung von AstraZeneca-Impfstoff

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat vor dem am Donnerstagabend beginnenden EU-Videogipfel seine Forderung nach einer raschen Zulassung weiterer Impfstoffe bekräftigt.

Unterdessen nahm die Debatte über Corona-Grenzkontrollen zwischen den EU-Ländern weiter Fahrt auf.

"AstraZeneca kann für Österreich im ersten Quartal zwei Millionen Impfdosen bereitstellen. (...) Europa darf hier nicht zurückfallen", sagte Kurz im Vorfeld des Gipfels. Der Kanzler hat in dieser Angelegenheit gemeinsam mit den Regierungsspitzen aus Dänemark (Mette Frederiksen), Griechenland (Kyriakos Mitsotakis) und Tschechien (Andrej Babis) einen Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel geschrieben. "Unserer Meinung nach sollte der Europäische Rat am Donnerstag ein starkes Signal an die Europäische Arzneimittelagentur (EMA, Anm.) senden, um sicherzustellen, dass das Zulassungsverfahren für Impfstoffkandidaten (...) so effizient wie möglich ist", schrieben die vier Regierungschefs in ihrem Brief, welcher der APA in Kopie vorliegt.

Der Delegationsleiter der SPÖ im EU-Parlament, Andreas Schieder, übte daraufhin Kritik an den Forderungen von Kurz. "Ich habe Vertrauen in die Europäische Arzneimittelbehörde EMA, dass der Impfstoff von AstraZeneca ordentlich geprüft und bald zugelassen wird. Das überlassen wir in der EU bitte weiterhin den ExpertInnen, die nach klaren wissenschaftlichen Kriterien handeln, statt auf populistische Zurufe zu reagieren. Hier schiebt Bundeskanzler Kurz die EU als Sündenbock vor, den holprigen Impfstart in Österreich hat aber allein die türkis-grüne Bundesregierung zu verantworten", schrieb Schieder im Vorfeld des Gipfels in einer Aussendung vom Donnerstag.

Auch die EU-Abgeordnete der NEOS, Claudia Gamon, übte heftige Kritik an Kurz und der Impfstrategie in Österreich: "Was wirklich kein Mensch braucht, ist, dass Kurz der EMA rund um die Zulassung von AstraZeneca kluge Ratschläge erteilt und die Schuld am Impfchaos Biontech-Pfizer (Impfstoff-Lieferant, Anm.) und der EU in die Schuhe schiebt. (...) Wir haben ein Impfchaos, weil die Bundesregierung so ziemlich alles und jetzt auch das Impfen versemmelt hat!" so Gamon in einer Aussendung vom Donnerstag. Ähnlich wie Kurz argumentierte dagegen ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig, die "eine Zulassung weiterer Impfstoffe so rasch und so effizient wie möglich" durch die EMA verlangte.

Kurz vor den EU-Beratungen über neue Corona-Maßnahmen mehren sich unterdessen Warnungen vor neuen Grenzkontrollen in Europa. "Das war falsch 2020 und das ist noch falsch in 2021", sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn am Donnerstag im Deutschlandfunk. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte am Dienstag gewarnt, dass Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen nötig seien, wenn Nachbarländer nicht ähnlich entschlossen gegen die Ausbreitung des Virus vorgingen.

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer meinte dazu in einer Aussendung, Österreich sei "nicht Befehlsempfänger von Frau Merkel". Österreich sei gut beraten, seinen eigenen Weg zu gehen und keine Anweisungen aus Berlin entgegenzunehmen, so Hofer.

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder das Phänomen gegeben, dass Menschen bei einem härteren Lockdown in dem einen EU-Land dann in einem anderen Mitgliedstaat einkauften. In der ersten Corona-Welle im Frühjahr 2020 waren etliche EU-Binnengrenzen geschlossen worden, was auch die Produktion der Industrie wegen unterbrochener Lieferketten erheblich störte.

Der belgische Regierungschef Alexander De Croo will unterdessen beim EU-Gipfel ein Verbot touristischer und anderer nicht notwendiger Reisen vorschlagen. "Reiserückkehrer können das Virus in ihrem Koffer mitbringen. Deswegen müssen wir gewisse Reisen vorübergehend verbieten", sagte der liberale Politiker im flämischen Rundfunk VRT. "Wir müssen die gute Position bei der Corona-Bekämpfung in unserem Land schützen." De Croo betonte am Mittwoch jedoch, dass die Grenzen nicht geschlossen werden sollten. Warenverkehr und Grenzgänger sollten die Grenzen weiter überqueren dürfen.

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Abend über eine abgestimmteres Vorgehen in der Corona-Krise beraten. Während in einigen Ländern wie Deutschland derzeit die Zahl der Neuinfektionen sinkt, steigt sie etwa in Osteuropa wieder. Vor allem in Portugal und Spanien breiten sich zudem offenbar Virus-Mutationen sehr schnell aus, die Infektionszahlen schießen dort in die Höhe.

Bei den Beratungen der EU geht es auch um Fragen, ob ein Impfpass für Geimpfte in anderen EU-Ländern anerkannt wird - und ob er zu Sonderrechten bei der Einreise führen soll, wie dies etwa Griechenland fordert. Auch Maltas Regierungschef Robert Abela macht sich für einen einheitlichen EU-Impfpass stark. "Die Zeit ist reif für die EU, ein interoperables Impf-Zertifikat zu entwickeln", heißt es in einem Brief des Sozialdemokraten an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Vor allem mit Blick auf grenzüberschreitendes Reisen seien derlei Ausweise ein wichtiges Instrument. Aus EU-Kommissionskreisen hieß es, dass bei den Beratungen am Abend noch nicht mit Entscheidungen dazu zu rechnen sei.

"Ein EU-Zertifikat für die Impfung ist ein guter Weg für mehr Sicherheit auf Reisen", sagte der für Luftfahrt zuständige Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP). Es gehe nicht darum, eine Impfpflicht durch die Hintertür einzuführen, sondern um ein transparentes und einheitliches Vorgehen. Gerade in der Luftfahrt sei ein europaweites Vorgehen notwendig. Die Debatte dazu sei nicht verführt.