APA - Austria Presse Agentur

"Kurz - Der Film" lässt vor allem Kurz sprechen

Der zweite Kino-Film über Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz innerhalb weniger Tage ist am Dienstag vor Journalisten präsentiert worden. In "Kurz - Der Film" nützt der demnächst vor Gericht stehende Altkanzler ausgiebig die Gelegenheit, seine eigene Sicht von Aufstieg und Fall zum Besten zu geben. Auch Adoranten und Wegbegleiter kommen zu Wort, Kritiker hingegen nur in homöopathischen Dosen - ganz im Gegensatz zum Konkurrenzprodukt "Projekt Ballhausplatz" von Kurt Langbein.

Die Produzenten und der Regisseur Sascha Köllnreitner bestritten bei der Medienpräsentation zwar jede Nähe zu Kurz oder der ÖVP, sowohl was Ideologie als auch was die Finanzen betrifft. Herausgekommen ist dennoch ein 89-minütiger Streifen, bei dem sich all jene die Hände reiben dürften, die einst den türkisen Siegeszug orchestriert haben und die für ihre "Message Control" bekannt waren - ein Begriff übrigens, der im ganzen Film kein einziges Mal erwähnt wird.

Umso mehr kann sich Kurz in dem Streifen unhinterfragt in slicker Ästhetik als Idealist inszenieren, der in die Politik quasi hineingestolpert ist. Sein Spin Doctor Gerald Fleischmann kann von Kurz' "Affinität zur Bevölkerung" schwärmen, Arnold Schwarzenegger den "good looking guy" loben, Ex-ÖVP-Generalsekretär Stefan Steiner die Ablehnung freundlicher Handlungen gegenüber Flüchtenden im Jahr 2015 als heroischen Akt darstellen, und es können sich die Ex-ÖVP-Minister Gernot Blümel und Elisabeth Köstinger mit den Worten "Erfolg schafft Gefolgschaft" als Teil von etwas Großem stilisieren.

Auffällig ist die Körpersprache des zentralen Protagonisten: Wie in seiner aktiven Zeit als Staatssekretär, Außenminister und später als Kanzler nimmt Kurz in den langen Interviewpassagen jene Haltung ein, die er immer dann verwendete, wenn er etwa in Hintergrundgesprächen Journalisten für sich gewinnen wollte: leicht vorgebeugt, schüchtern lächelnd und mit sanfter Stimme, insgesamt an den netten Nachbarsbub gemahnend, der keiner Fliege etwas zuleide tun will.

Gewidmet ist der Film zu einem großen Teil Kurz' Aufstieg, etwa dem Event in der Wiener Stadthalle anlässlich seiner parteiinternen Machtübernahme. "Total abgefahren und vielleicht ein bisserl drüber" sei das gewesen, darf Werber Philipp Maderthaner da schwärmen, "aber geil".

Ibiza kommt vor allem in Kurz' Trauer um die "extrem erfolgreiche Koalition" mit der FPÖ vor, Türkis-Grün fast gar nicht. Die Ermittlungen um Inseratenkorruption und Bestechungsvorwürfe, die Schmid-Chats, Razzien und schließlich der erfolgreiche Misstrauensantrag im Parlament und der Rücktritt werden schnell und eher lieblos abgehandelt. Kurz' Umgang mit den Medien, zwei parlamentarische Untersuchungsausschüsse und auch sein bevorstehendes Gerichtsverfahren wegen Falschaussagevorwürfen (sowie weitere drohende Anklagen) fanden keine Erwähnung..

Kritiker kommen kurz zu Wort, etwa SPÖ-Altkanzler Christian Kern, NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper und Investigativjournalist Michael Nikbakhsh. Der sprach bei der Presseaufführung - wie auch schon früher - von einem "Legerl", weil ihm gegenüber eine Produktion für einen Streamingdienst suggeriert worden sei.

Umso mehr bekommt Kurz Raum, sich als erfolgreicher Geschäftsmann zu inszenieren, um die Welt jettend und ständig zum Händeschütteln und als Selfiemotiv von Bewunderern in Anspruch genommen. "Politischen Erfolg ohne Polarisierung gibt es nicht", heißt es zum Schluss. "Ich bin selber sehr dankbar für all diese Erfahrungen und glaube, wir alle würden es auch genauso wieder machen." Er habe seine Zeit in der Politik genossen, aber: "Ich könnte nicht behaupten, dass es mir im Moment abgeht."

"Kurz - Der Film" hat Mittwochabend im Wiener Artis-Kino Premiere. Nach Angabe der Produzenten soll er in mehr als 35 Kinos in Österreich anlaufen.