APA - Austria Presse Agentur

Kurz und Janša: "Positive Atmosphäre" bei Minderheitenfrage

Einen Monat vor dem 100. Jahrestag der Kärntner Volksabstimmung sehen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und der slowenische Ministerpräsident Janez Janša eine "positive Atmosphäre" in der Minderheitenfrage.

"Es gibt einige offene Fragen in Zusammenhang mit dem Status der Minderheiten bzw. Volksgruppen, die in solcher Atmosphäre wesentlich leichter zu lösen sind als in vergangenen Jahrzehnten, als die Atmosphäre deutlich weniger günstig war", sagte Jansa.

Österreich pocht auf die Anerkennung der deutschsprachigen Volksgruppe in Slowenien, was auch Kurz bei seinem Besuch im Nachbarland betonte. "Wir wären dankbar, wenn es eine Anerkennung der deutschsprachigen Minderheit in Slowenien gäbe", sagte der Kanzler bei der Pressekonferenz. Bisher hat Slowenien eine Anerkennung der Minderheit strikt abgelehnt, während diese erst heuer vom Nationalrat in Wien parteiübergreifend gefordert wurde.

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Slowenien steht auf dem Standpunkt, dass die Stellung der deutschsprachigen Ethnie im bilateralen Kulturabkommen mit Österreich im Jahr 2001 angemessen geregelt ist. Vergleiche mit den Kärntner Slowenen lehnt Ljubljana ab und verweist diesbezüglich auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs, etwa den Staatsvertrag des Jahres 1955.

"Wir haben eine Volksgruppe in Österreich, mit der wir sehr gut zusammenarbeiten", sagte Kurz mit Blick auf die Kärntner Slowenen. "Unser Regierungsprogramm enthält viele Ideen, wie wir die Zusammenarbeit mit der Volksgruppe noch stärken und sie noch besser unterstützen können."

Auf eine entsprechende slowenische Journalistenfrage bestätigte Kurz auch, dass es heuer "nicht nur eine Abstimmungsspende für Kärnten" geben werde, "sondern Maßnahmen an denen wir mit der Volksgruppe miteinander arbeiten werden, um das gute Miteinander, das historisch teilweise belastet ist, in der Zukunft noch stärker zu unterstützen".

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Wie er nach dem Gespräch gegenüber österreichischen Journalisten berichtete, sprach Kurz auch die Frage der noch ungelösten Restitutionen in Zusammenhang mit den Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg an. "Das ist ein schwieriges Thema", sagte Kurz und fügte hinzu, dass diese Frage in bilateralen Begegnungen immer wieder angesprochen werde. "Ich fürchte, dass es hier nicht zu einer schnellen und einfachen Lösung kommen wird. Aber es ist wichtig, dass wir mit unseren Nachbarn ein gutes Miteinander finden, dass wir das teilweise auch historisch schwierige Verhältnis hinter sich lassen und gemeinsam Schritte auf einander zu machen", sagte er.

Die Minderheitenfrage war auch Thema beim Treffen des Kanzlers mit dem slowenischen Präsidenten Borut Pahor. Dieser äußerte laut einer Pressemitteilung die Hoffnung, dass "einige" der angekündigten Maßnahmen für die slowenische Volksgruppe in Kärnten "bald konkret in Gesetzesform gegossen werden". Zugleich hob Pahor seine Teilnahme an den Klagenfurter Volksabstimmungsfeiern hervor. Diese stehe im Zeichen "des Zusammenlebens zweier Völker, die ihre Geschichte nicht vergessen, aber gemeinsam in die Zukunft blicken".

Pahor wird als erster Repräsentant des slowenischen Staates an der Feier des Volksabstimmungsjubiläum teilnehmen. Wie aus Diplomatenkreisen verlautete, wird die Geste Pahors von österreichischer Seite sehr geschätzt. Die Feier war jahrzehntelang eine deutsch-nationale Machtdemonstration mit slowenenfeindlichem Unterton gewesen. Erst zum 75. Jahrestag der Volksabstimmung ergriff erstmals ein Vertreter der Kärntner Slowenen das Wort bei der Feier. Bei der Volksabstimmung am 10. Oktober 1920 hatte sich das damals mehrheitlich slowenischsprachige Südkärnten mit deutlicher Mehrheit gegen die Angliederung an Jugoslawien ausgesprochen.

In der Pressekonferenz erwähnte Kurz auch das Thema Atomkraft, indem er sagte, dass Österreich und Slowenien in dieser Frage "unterschiedlicher Meinung sind". Man habe aber viele Themen, bei denen man an einem Strang ziehe, und das wichtigste sei die Zusammenarbeit in der Europäischen Union, so Kurz, der sich vom Nachbarland auch in der Kritik an der türkischen Außenpolitik unterstützt sieht.