APA - Austria Presse Agentur

ÖVP: Kurzer Parteitag zur Kür von Kanzler Nehammer

Schlechte Umfrageergebnisse, Personaldiskussionen und eine Parteifinanzen-Affäre im Westen.

Es sind turbulente Zeiten für die ÖVP, in denen sich Bundeskanzler Karl Nehammer offiziell zu deren Obmann wählen lässt. Bei einem außerordentlichen Bundesparteitag in Graz stellt sich Nehammer am Samstagnachmittag der Wahl. Mit dabei sein wird auch sein Vorgänger Sebastian Kurz, nicht aber dessen Widersacher Reinhold Mitterlehner.

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Vor der Wahl wird Nehammer eine rund halbstündige Rede halten. "Selbstverständlich wird sich ein wichtiger Teil meiner Rede an die Partei, ihre Funktionäre und Mitglieder richten. Die Volkspartei befindet sich in einer schwierigen Phase", räumte Nehammer selbst in der "Kleinen Zeitung" (Freitagausgabe) ein. "Es geht auch darum, dass wir das Vertrauen zurück erarbeiten, das ein Stück weit verloren gegangen ist." Im anderen Teil gehe es "um die großen Themen, die jeden und jede in unserem Land beschäftigen: Krise, Krieg, Pandemie, Energiekosten, Teuerung".

Eröffnet wird der knapp dreistündige Parteitag in der Grazer Helmut-List-Halle, einem ehemaligen Industriegebäude, um 13.30 Uhr von Nehammer, auch der steirische "Gastgeber", Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, wird das Wort ergreifen. Nach einigen statutarischen Punkten wie dem Finanzbericht wird Generalsekretärin Laura Sachslehner sprechen, Klubchef August Wöginger wird ebenfalls eine kurze Ansprache halten.

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Dazwischen wird Nehammers Vorgänger Sebastian Kurz auf der Bühne vom Moderator interviewt. Sein Auftritt am Parteitag hat im Vorfeld für viel Aufsehen gesorgt. Ein politisches Comeback schloss er zuletzt freilich "für immer" aus. Gegen Kurz wird unter anderem in der Inseratenaffäre ermittelt. Aus der Partei hieß es, dass wie üblich alle ehemaligen Parteiobmänner eingeladen wurden. Angesagt haben sich auch Josef Pröll, Wilhelm Molterer, Wolfgang Schüssel und Josef Riegler. Mitterlehner teilte medial ohne Angabe von Gründen mit, nicht nach Graz zu kommen - es darf aber davon ausgegangen werden, dass dies durchaus mit dem schlechten Verhältnis zu Kurz zu tun hat.

Eine enge Kurz-Vertraute hatte die Parteitagsregie diese Woche noch so richtig ins Wanken gebracht: Elisabeth Köstinger trat am Montag als Landwirtschaftsministerin zurück und überraschte mit diesem Zeitpunkt nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch den eigenen Parteichef. Am selben Tag musste sich auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck verabschieden, ebenfalls eine türkise Erfindung. Nehammer war also wenige Tage vor seiner Obmannwahl gezwungen, eiligst Personallöcher zu stopfen, statt seine Rede einzuüben.

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Schon davor war es für Nehammer nicht wirklich rund gelaufen: Die ÖVP ist in den vergangenen Monaten in den Meinungsumfragen abgestürzt und liegt derzeit hinter oder gleichauf mit der SPÖ. Der Korruptions-U-Ausschuss und die Vorarlberger Wirtschaftsbundaffäre sorgen seit Wochen für negative Schlagzeilen, Nehammer selbst stand auch wegen seiner Reise zum russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin und der Affäre um betrunkene Personenschützer der Cobra in der Kritik.

Experten wie Politikberater Thomas Hofer rechnen dennoch mit einem aus Parteisicht guten Ergebnis für Nehammer, weil allen Funktionären klar sei, dass man den neuen Obmann nicht beschädigen dürfe. Nehammer selbst hat als Ziel für seine Obmannwahl bisher nur launig ausgegeben, dass "alles, was besser ist als das Parteitagsergebnis für Pamela Rendi-Wagner" ein "Erfolg" wäre. Die SPÖ-Chefin musste sich mit 75,3 Prozent begnügen.

Die Chancen stehen jedenfalls nicht so schlecht, bekommen die Funktionäre nach seiner Rede doch jeweils einen Stimmzettel, auf dem nur ein Name steht: Karl Nehammer. Und stehende Ovationen sind dem ÖVP-Chef so gut wie sicher - das wird alleine schon dadurch garantiert, indem die "klassische Kinobestuhlung" im Saal eigens für die Ergebnisverkündung durch Stehtische ausgetauscht wird.