APA - Austria Presse Agentur

KZ-Gedenken in Gusen soll angemessen gestaltet werden

In den vergangenen zwei Jahren hat die Republik Österreich Grundstücke am Areal des ehemaligen KZ Gusen in Langenstein angekauft. Im Rahmen eines Beteiligungsprozesses unter der Federführung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen wurde ein Masterplan erarbeitet, der als Grundlage für einen oder mehrere Wettbewerbe zur Neugestaltung einer künftigen Gedenkstätte dienen soll. Die Ergebnisse werden am Mittwochabend präsentiert.

Im KZ Mauthausen und seinen mehr als 40 Nebenlagern wurden zwischen 1938 und 1945 etwa 190.000 Menschen gefangengehalten, rund 90.000 überlebten nicht. Gusen war zwar offiziell auch nur ein Nebenlager, in manchen Jahren war die Zahl der Toten dort aber viel höher als im Stammlager. Heute geht man davon aus, dass in Gusen 71.000 Gefangene aus fast 30 Nationen interniert waren, von denen etwa 36.000 zu Tode kamen. Die Bedingungen waren dort besonders hart. Die Gefangenen mussten unter dem Tarnnamen "Bergkristall" eine Stollenanlage für die Rüstungsindustrie errichten. Als die US-Armee die Lager Mauthausen und Gusen am 5. Mai 1945 erreichte, waren viele Häftlinge so geschwächt, dass sie in den Tagen und Wochen nach ihrer Befreiung starben.

Während das Zentrum des ehemaligen Hauptlagers Mauthausen 1947 der Republik Österreich mit der Auflage übergeben wurde, eine Gedenkstätte zu errichten, und sich das Gedenken seither auf diesen Ort konzentrierte, geriet das Nebenlager Gusen zunehmend in Vergessenheit. Nach der Befreiung wurde das Lager abgetragen, Wohnhäuser wurden gebaut. Der Großteil der ehemaligen Lagerareale ist heute in Privatbesitz und wurde baulich verändert. Die Sowjets versuchten die Stollenanlage zu sprengen, was nur teilweise gelang. Anfang der 2000er-Jahre wurden die Überreste aus Sicherheitsgründen teilweise verfüllt, nur rund ein Viertel der ursprünglichen Anlage konnte erhalten werden. Ein Teil davon ist Besuchern zugänglich.

Dass aber nur eine kleine Gedenkstätte an die Opfer erinnerte, sorgte zunehmend für Kritik. Vor allem Polen - Heimatland vieler Opfer - machte Druck für ein würdigeres Gedenken und wollte das Areal sogar selbst kaufen. 2021/22 erwarb die Republik mehrere Grundstücke im Bereich des ehemaligen KZ Gusen I. Darauf befinden sich zwei ehemalige SS-Gebäude, der Schotterbrecher, in dem Gleisschotter produziert wurde, und Teile des ehemaligen Appellplatzes. Ebenso kaufte Österreich ein Grundstück im Eingangsbereich des Stollensystems "Bergkristall" in St. Georgen an der Gusen.

Der nun erstellte Masterplan soll die Grundlage für einen Gestaltungswettbewerb zur künftigen Gedenkstätte darstellen. In seine Entwicklung wurden Überlebende ebenso eingebunden wie internationale, nationale und regionale Gedenkinitiativen, diplomatische Vertretungen der Opferstaaten sowie die lokale Bevölkerung. Zahlreiche Interviews und Workshops liegen dem Plan zugrunde. Als ein wichtiger Punkt kristallisierte sich in diesem Prozess heraus, dass man "ein gutes Miteinander zwischen der Bevölkerung und den Gedenkstättenbesuchern" sicherstellen müsse. Der künftige Gedenkort solle alle Opfergruppen gleichwertig repräsentieren, international, interkulturell und interreligiös gestaltet sein, ein "zeitgeschichtlicher Lernort" und "Ort der Kommunikation". Eine Interpretation aus rein österreichischer Perspektive solle vermieden werden. Nicht die Nationalitäten der Opfer sollen im Vordergrund stehen, sondern individuelle Identitäten. Man will vor allem junge Leute ansprechen und einen interdisziplinären Vermittlungsansatz verfolgen.

Die vorhandenen baulichen Überreste sollen gesichert und sichtbar gemacht und die Stollen besser zugänglich gemacht werden. Verschwundenes zu rekonstruieren - KZ-Strukturen quasi wieder aufzubauen - wird aber abgelehnt, hier könnte man eher auf digitale Medien, Apps, Virtual Reality etc. setzen. Häufig genannt wurde auch der Wunsch nach einem geschützten Rückzugsort ("Ort der Stille"), nach einer Art Park als Begegnungsfläche, nach Übernachtungsmöglichkeiten für ausländische Gäste und nach einer guten öffentliche Erreichbarkeit. Mauthausen und Gusen sollen als Gesamtheit wahrgenommen werden, manche Befragten regten auch eine Namensänderung auf "Gedenkstätte Mauthausen-Gusen" (Englisch: "Mauthausen-Gusen Memorial") ab. Der Ankauf des ehemaligen Jourhauses - das frühere Eingangstor zum Lagerkomplex Gusen I, das nach wie vor als privates Wohnhaus genutzt wird - sollte weiterhin angestrebt werden, so der Tenor.