Arbeitsmarktservice (AMS).

APA - Austria Presse Agentur

Überdurchschnittlich viele Langzeitarbeitslose in Österreich

Derzeit läuft in Österreich eine Diskussion über eine Reform der Arbeitslosenunterstützung.

Oft werden skandinavische Länder als Vorbilder angepriesen. Grundsätzlich ist der Kündigungsschutz in Skandinavien lockerer - man findet aber auch schneller in einen Job zurück. Die Unterstützung ist auf ersten Blick höher, alles inklusive aber nur wenig besser. Beim Vergleich sind aber sehr viele Faktoren zu berücksichtigen - von denen einige nicht so einfach zu übertragen sind.

Für dich ausgesucht

Skandinavische Länder, im Besonderen Dänemark, werden gerne als beispielhaft angepriesen. In Dänemark ist derzeit die Arbeitslosenrate niedriger als in Österreich, in Finnland und Schweden hingegen höher. Das alleine sei aber nicht aussagekräftig, sagt Lukas Lehner, der an der Universität Oxford über Arbeitsmarktthemen forscht. Auffällig sei hingegen, dass in Dänemark laut OECD rund 20 Prozent, in Schweden sogar 30 Prozent aller Arbeitslosen weniger als einen Monat lang einen Job suchen. In Österreich finden nicht einmal 10 Prozent so schnell wieder in den Beruf zurück. Rund die Hälfte der Arbeitslosen findet in Dänemark, Schweden und Finnland innerhalb von drei Monaten wieder eine Arbeit, in Österreich gilt das nur für etwas mehr als ein Drittel der Betroffenen.

Dafür ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen in Österreich deutlich höher. Länger als ein Jahr ohne Job sind laut OECD in den drei skandinavischen Ländern 12 bis 17 Prozent der Arbeitslosen, in Österreich 24 Prozent. In Summe verliere man in Skandinavien leichter den Job als in Österreich, komme aber auch rascher wieder in die Arbeit zurück. Ob das gut oder schlecht ist, sie nicht so einfach zu beantworten. Menschen in Österreich haben letztlich mehr "firmenspezifische Skills", so Lehner, in Skandinavien setze man mehr auf transferierbares, allgemeines Know-how.

Für dich ausgesucht

Letztlich müsse man akzeptieren, dass ein Teil der Arbeitslosen - zumindest im regulären Arbeitsmarkt - nicht mehr vermittelbar ist, sagt Lehner, der auch in das niederösterreichische "Modellprojekt Arbeitsplatzgarantie Marienthal" eingebunden ist, in dem allen Langzeitarbeitslosen ein Job angeboten wird. Daher müsse man auch über die langfristige Absicherung der Menschen nachdenken. Gerade dieses Thema wird im Moment in Österreich kontrovers diskutiert, unter dem Stichwort "degressives" Arbeitslosengeld - also einer Unterstützung, die am Anfang hoch ist aber dann absinkt. Auch hier gelten skandinavische Länder als Vorbild.

Aber auch da lohnt es sich, genauer hinzusehen, empfiehlt Lehner. Diskutiert wird derzeit die "Nettoersatzrate", also die Arbeitslosenunterstützung als Anteil des letzten Nettoeinkommens. Diese beträgt in Österreich konstant 55 Prozent, mit dem Umstieg in die Notstandshilfe sinkt die Unterstützung allerdings, die OECD geht von 51 Prozent nach dem 1. Jahr aus. In Dänemark startet die Unterstützung hingegen deutlich großzügiger, nämlich mit 82 Prozent. In Schweden gibt es zu Beginn 69 Prozent, in Finnland nur 58 Prozent und damit kaum mehr als in Österreich.

Vergleicht man die Lage nach zwei Jahren, so stehen die Dänen immer noch bei komfortablen 82 Prozent des letzten Nettoeinkommens, die Schweden haben hingegen seit dem 6. Monat ihrer Arbeitslosigkeit nur mehr 59 Prozent, die Finnen müssen mit nur 31 Prozent auskommen. Langfristig fällt die Unterstützung in Dänemark dann auf 50 Prozent, also etwa auf die gleiche Höhe wie die österreichische Notstandshilfe.

Auch diese Zahlen geben aber nur einen Teil der Wahrheit wieder, denn das Bild ändere sich, wenn man andere Sozialleistungen dazurechne - die in der Arbeitslosigkeit oft nicht gekürzt werden, so Lehner.

Nimmt man etwa eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, dann kommt diese nach OECD-Zahlen auf eine Nettoersatzrate von 76 Prozent und damit auf kaum weniger als in Dänemark (88 Prozent), Finnland (82 Prozent) oder Schweden (77 Prozent).

Die Höhe der Nettoersatzraten über die Dauer der Arbeitslosigkeit zu vergleichen greife aber ohnehin zu kurz, betont Lehner. Soziale Absicherung gehe viel weiter als nur um das Geld. "Soziale Sicherheit hat damit zu tun, ob ich zum aktuellen Job Nein sagen kann", so Lehner. Ob man also eine Alternative habe und wechseln kann. Denn wenn man das nicht könne, bleibe man abhängig vom Arbeitgeber und den aktuellen Arbeitsbedingungen.