APA - Austria Presse Agentur

Laut UNO weit mehr ZivilistInnen in Ukraine getötet als bekannt

UNO-BeobachterInnen zufolge sind in der Ukraine weit mehr ZivilistInnen getötet worden als die offizielle Angabe von 3.381.

Allein in Mariupol sollen Tausende ZivilistInnen ums Leben gekommen sein. Matilda Bogner, Leiterin der Kommission, die die Menschenrechtslage in der Ukraine untersucht, sagte am Dienstag in Genf, bisher habe es die Sicherheitslage nicht erlaubt, die Fälle einzeln zu dokumentieren. "Mariupol ist das große schwarze Loch", sagte Bogner.

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Ihr Team von knapp 60 Expertinnen und Experten habe Büros im ganzen Land. Es habe seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar zahlreiche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Darunter könnten auch Kriegsverbrechen sein, sagte sie. Zu Mariupol sagte Bogner: "Wir gehen davon aus, dass es dort Tausende Tote gab, ZivilistInnen, die wegen der Kämpfe umgekommen sind."

"Menschen berichten uns, dass Verwandte, Nachbarn und Freunde getötet, verletzt und festgenommen wurden und einige verschwunden sind", erzählte Bogner. Sie berichtete von einer fünfköpfigen Familie, von denen drei Angehörige bei der Flucht im Auto von russischen Soldaten erschossen worden seien. Ein 70-jähriger Mann habe von seinem Zufluchtsort im Keller einer Schule berichtet, der so überfüllt gewesen sei, dass er im Stehen schlafen musste und sich an ein Geländer band, um nicht umzufallen. Ihr Team habe bisher knapp 4.000 Todesfälle dokumentiert, sagte Bogner. Die wahre Zahl liege um Tausende höher.

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Menschenrechte würden auch verletzt, wenn Alte und Kranke keine medizinische Versorgung hätten, so Bogner. In einem Dorf seien etwa zehn ältere Menschen im Keller einer Schule gestorben, weil sie dort teils Wochen ausharren mussten und nicht versorgt werden konnten. Es gebe anhaltende Berichte über Vergewaltigungen, überwiegend von Mädchen und Frauen, aber auch Buben und Männern.

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Mindestens 204 Menschen seien gegen ihren Willen verschleppt worden, darunter 169 Männer, 34 Frauen und ein Bub, sagte Bogner. Täter seien fast ausschließlich russische Soldaten und mit ihnen verbündete Gruppen etwa in der Ostukraine gewesen. Es gebe zudem glaubhafte Berichte, dass russische Soldaten in ukrainischem Gewahrsam misshandelt und gefoltert worden seien.

Bogner kritisierte, dass sowohl ukrainische als auch russische Streitkräfte Schulen als Basis für ihre Einsätze nutzen und dort auch schwere Waffen lagern.