Leichte Entspannung in den Hochwassergebieten im Osten

Aufräumarbeiten haben begonnen
Die tagelangen Regenfälle sind am Dienstag endlich zu Ende gegangen, was in den Hochwassergebieten zu einer leichten Entspannung geführt hat. Vor allem Niederösterreich, das zum Katastrophengebiet erklärt wurde, war von den Fluten am schwersten getroffen. In Würmla (Bezirk Tulln) gab es ein fünftes Hochwasser-Opfer zu beklagen. Im ebenfalls stark betroffenen Wien gingen die Pegel ebenfalls zurück. Allerdings gab es immer noch Einschränkungen im öffentlichen Verkehr.

Die Situation in Niederösterreich entschärfte sich am Dienstag ein wenig. Der Regen habe aufgehört, weshalb in vielen Regionen "Gott sei Dank" die Pegel zurückgingen, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) nach einer neuerlichen Lagebesprechung in Tulln. Die Dimension der Schäden bezeichnete sie als "noch nicht abschätzbar".

Allein am Montag habe es 21 kleinere oder größere Dammbrüche gegeben, informierte LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) in Tulln. Deren provisorische Reparatur sei ein Schwerpunkt der vielen Arbeiten, die anstünden. Es liege eine "extreme Ausnahmesituation" vor, betonte Pernkopf. In manchen Landesteilen sei binnen weniger Tage die vier- bis sechsfache durchschnittliche Monatsmenge an Regen niedergegangen.

Laut Pernkopf sind bisher 32.600 Einsatzkräfte aufgeboten worden. Allein am Dienstag seien es auch 1.300 aus anderen Bundesländern. 26 Gemeinden seien nicht erreichbar. Etwa 1.100 Objekte mit rund 2.200 Personen seien evakuiert worden, davon 49 Menschen mit Hubschraubern. 765 befanden sich dem Landesvize zufolge in organisierten Unterkünften, die Mehrzahl von ihnen in der Messe Tulln. Aus 13 Bezirken lagen Anforderungen für Assistenzeinsätze des Bundesheeres vor. Insbesondere gehe es dabei um beschädigte Hochwasserschutzanlagen, sagte Pernkopf.

"Die Hochwasser-Dämme im unteren Kamptal haben gehalten", hatte Pernkopf schon in der Früh mitgeteilt. "Sehr schwach" seien Dämme im Tullnerfeld, im Raum St. Pölten und im Pielachtal. Sie müssten mit schwerem Gerät geschützt und saniert werden." In Erpersdorf in der Marktgemeinde Zwentendorf (Bezirk Tulln) mussten Menschen in der Nacht ihre Häuser verlassen.

Landesfeuerwehrkommandant Dietmar Fahrafellner verwies auf einen Dammbruch an der Perschling in Rust im Tullnerfeld in der Gemeinde Michelhausen (Bezirk Tulln). Die Helfer wollten "versuchen, provisorisch zu flicken". Das Bundesheer werde dabei unterstützen. Schadenskommissionen würden zeitnah in die Gemeinden kommen, kündigte Mikl-Leitner an. Darauf folgen soll rasche Unterstützung der vom Hochwasser Betroffenen mit Geldern aus dem Katastrophenfonds.

Dienstagfrüh wurde das fünfte Todesopfer des Hochwassers geborgen. Die 81-Jährige wurde von Einsatzkräften in ihrem gefluteten Wohnhaus entdeckt. Bereits am Sonntag war der Tod eines Feuerwehrmannes im Einsatz in Rust im Tullnerfeld in der Gemeinde Michelhausen (Bezirk Tulln) bekannt geworden. In Untergrafendorf in der Gemeinde Böheimkirchen (Bezirk St. Pölten-Land) starben nach Polizeiangaben vom Montag ein 70- und in Höbersdorf in der Marktgemeinde Sierndorf (Bezirk Korneuburg) ein 80-Jähriger. Ein weiteres Opfer ist ein vorerst unbekannter Mann in Klosterneuburg (Bezirk Tulln). Er wurde laut Polizei am Montagnachmittag im Strandbad Klosterneuburg im Wasser treibend entdeckt.

Einen gefährlichen Zwischenfall gab es am Montagabend in Krems am gleichnamigen Fluss. Ein Rollstuhlfahrer dürfte eine Absperrung missachtet haben und kam im Uferbereich des Flusses zu Sturz, berichtete die Feuerwehr. Der Mann wurde gerettet und ins Landesklinikum Krems transportiert. Einen eindringlichen Appell gab es vom Bundesheer, im Katastrophengebiet keine Drohnen steigen zu lassen. "Das ist eine massive Gefährdung der Flugsicherheit. Es gab dazu bereits zumindest einen Vorfall", sagte Sprecher Michael Bauer über den Nachrichtendienst X (früher Twitter).

Entspannung in der Hochwasserlage gab es am Dienstag auch in Wien. Die Pegelstände sind in den vergangenen Stunden erneut zurückgegangen, sagte ein Sprecher der MA 45 (Gewässer). Lediglich in der Nacht sei - bedingt durch Regen - erneut ein kurzer Anstieg verzeichnet worden. "Jetzt fällt alles wieder", betonte er. Auch das Hochwasser ist etwa am zuletzt stark betroffenen Wienfluss deutlich weniger geworden. Bei der Kennedybrücke beträgt der Pegelstand laut MA 45 nur mehr 90 Zentimeter.

"Die Rückhaltebecken sind leer", schilderte der Sprecher. Lediglich der Wienerwaldsee entwässere weiter. Am Sonntag gab es bei den Auffangbecken etwa im Bereich Auhof kaum mehr Reserven. Der Pegel der Donau sinkt laut MA 45 langsamer. Hier betrage er noch 6,5 Meter. Das sei jedoch ebenfalls weniger als zuletzt und nicht problematisch, hieß es.

Die Einschränkungen bei den Öffis werden wie nach einer Sitzung des Krisenstabs am Montag angekündigt wohl noch bis Mittwoch dauern. Betroffen sind weiterhin die U-Bahn-Linien U2, U3, U4 und U6.

Nachdem sich die Lage in der Bundeshauptstadt entspannt hatte, wurden am Montagnachmittag auch Hilfskräfte und Gerätschaften der Wiener Feuerwehr nach Niederösterreich in den Bezirk Tulln gebracht. Darunter ist auch eine Großpumpe, die in Kombination mit drei sogenannten Hochwasserschwimmpumpen eine maximale Förderleistung von 50.000 Litern in der Minute erreicht. Die Mannschaft wird einige Tage in Niederösterreich im Einsatz sein. Eine derartige Hilfe kam bereits aus den weniger betroffenen Bundesländern Kärnten, Salzburg, Tirol und Vorarlberg, die Hilfskräfte und Hochwasserausrüstung ins Katastrophengebiet nach Niederösterreich schickten.

Auch in Oberösterreich wurde bereits mit den Aufräumarbeiten begonnen. In den Nachtstunden trat ein Nebengewässer der Mattig über die Ufer und überflutete eine Siedlung mit 20 Häusern in Mauerkirchen (Bezirk Braunau). Neun Personen wurden von der Feuerwehr gerettet, sagte Markus Voglhuber vom Landes-Feuerwehrkommando. Insgesamt waren 3.000 Kräfte von 220 Feuerwehren bei rund 300 Einsätzen in der Nacht aktiv. Die Helfer waren vor allem mit Pumparbeiten und nach wie vor mit Sicherungsarbeiten mit Sandsäcken beschäftigt sowie damit, Bäume aus dem Weg zu räumen. In Perg wurde noch Hochwasserschutz aufgebaut, in Schärding am Inn und Linz die Lage beobachtet.

Im Innviertel waren auch die Rückhaltebecken schon stark belastet. Die Traun stagnierte, die Enns war bereits im Fallen, bei den Seen im Salzkammergut war der Attersee noch steigend, berichtete Peter Kickinger vom Hydrografischen Dienst. Die Niederschläge sollten am Dienstag abklingen und keine nennenswerte Auswirkung mehr auf das Hochwasser haben.

Im Burgenland kann es entlang der Leitha im Bezirk Neusiedl am See noch zu Überflutungen kommen, diese Warnung ist weiterhin aufrecht. Der Pegel in Bruckneudorf steige noch, die Lage werde laufend beobachtet. "Es ist noch nicht vorbei", hieß es am Dienstag in der Früh vom Landesmedienservice. Der Zugverkehr auf der Pottendorfer Linie wurde indes wieder aufgenommen. In der Nacht auf Dienstag verzeichnete die Landessicherheitszentrale verglichen mit den vergangenen Tagen wenige Einsätze - die Feuerwehren mussten nur noch 22 Mal ausrücken. Die Unwetter der vergangenen Tage haben zumindest für den Neusiedler See auch Positives mit sich gebracht: Sein Wasserstand stieg aufgrund der starken Regenfälle um rund 14 Zentimeter und liegt nun bei 115,32 Metern über Adria. Auch die Salzlacken wurden gefüllt - und könnten das aufgrund der höheren Grundwasserstände etwas länger bleiben, berichtete Christian Sailer, Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft im Land Burgenland.

Die Lage in der Steiermark war ebenfalls entspannt. Laut dem Feuerwehrverband ist die Situation in den nördlichen Landesteilen entlang der Mürz und Salza zwar noch angespannt, eine weitere Eskalation habe es in der Nacht auf Dienstag jedoch nicht mehr gegeben. Die landesweite Stromversorgung sei bis auf einzelne wenige Haushalte wiederhergestellt, hieß es vonseiten der Energie Steiermark. "Seit den frühen Morgenstunden befinden sich alle Pegel im fallenden Verlauf", sagte Robert Stöffler vom Hydrografischen Dienst des Landes. Das Schmelzwasser aus den höheren Lagen werde den Ablauf des Hochwassers verzögern, "das Gröbste ist aber überwunden". Die Pegelstände an der Mur, an den Zubringern im Oberlauf zwischen Murau und Bruck sowie in den Einzugsgebieten der West- und Südsteiermark waren Dienstagfrüh oberhalb des mittleren jährlichen Durchflusses mit konstantem Verlauf. Die Murpegel flussabwärts ab Bruck dürften im Laufe des Dienstags noch leicht ansteigen, hieß es vonseiten des Hydrografischen Dienstes.

In Salzburg hat der Dauerregen am Montag und in der Nacht auf Dienstag nur noch für einzelne Feuerwehreinsätze gesorgt. Laut Landesfeuerwehrkommando rückten in Summe rund 100 Männer und Frauen vor allem wegen überfluteter Kanäle und Sickerschächte aus. Betroffen waren die nördlichen Bezirke des Bundeslandes. Am Wallersee stieg der Wasserstand so stark an, dass die Wasserrettung am Montag eine Person mit einem Spezialboot von einem Spazierweg in Sicherheit bringen musste.

In Tirol könnte die Schneeschmelze aufgrund steigender Temperaturen und höherer Schneefallgrenze nochmals für steigende Pegelstände samt möglichen "geringfügigen Übertretungen" sorgen, hieß es seitens des Landes. In weiterer Folge sollte die Wasserführung jedoch "merklich zurückgehen". Aktuell seien im Nordalpenraum stellenweise bis zu 50 Zentimeter Neuschnee prognostiziert, hier steige die Schneefallgrenze außerdem von 1.400 auf 2.000 Meter, sagte ein Landessprecher der APA. Nach einer Modellrechnung seien dadurch am Dienstag "in einzelnen Bereichen" steigende Pegel bis hin zu einem fünfjährlichen Hochwasser (HW5) möglich. Dies betreffe das Tiroler Unterland und hier die Inn-Zubringer sowie die Großache. Eine ähnliche Lage habe es bereits am Samstag gegeben.

Kommentare