APA - Austria Presse Agentur

Leopard-Panzer-Lieferung für die Ukraine weiter unsicher

Die Entscheidung über eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine ist nach Angaben von Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius weiter offen. "Der Entscheidungsprozess läuft und den werden wir jetzt abwarten müssen", sagte Pistorius am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will". Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen zeigte sich unterdessen offen für eine Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine durch Polen.

Pistorius sagte, die Entscheidung hänge "von vielen Faktoren ab" und werde "im Kanzleramt getroffen". Jeder verstehe, in welcher Not die Ukraine aktuell sei. Deswegen werde es "auch bald eine Entscheidung geben, wie immer sie aussieht".

"Dass es Panzer braucht, dass es Offensivbewegung braucht im Hinblick auf Donbass und Luhansk, ist völlig klar", sagte der Minister. Für Deutschland gehe es einerseits um die Abstimmung mit den Partnerländern. Dies sei "vor allem" die Abstimmung mit den USA. Gleichzeitig handle es sich um eine "schwere Panzerwaffe, die eben auch für Offensivzwecke genutzt werden kann". Deshalb müsse die deutsche Bundesregierung hier "sehr sorgfältig abwägen" und könne "nicht übereilt und leichtfertig" entscheiden. Pistorius verwies darauf, dass es auch in der deutschen Bevölkerung "keinesfalls ein einheitliches Meinungsbild" zu der Frage der Panzerlieferungen gebe.

Zur Kritik des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki, Deutschlands Zögern sei "inakzeptabel", sagte Pistorius: "Schuldzuweisungen helfen niemanden." Deutschland stehe "an der Spitze derjenigen Länder in der Welt, die die Ukraine unterstützen". Die Bundesregierung habe inzwischen insgesamt Systeme und Ausstattung im Wert von 3,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Deutschland müsse sich hier "nicht verstecken".

Polen und Finnland haben erklärt, Leopard-Panzer aus eigenen Beständen an die Ukraine abgeben zu wollen, damit Kiew sich besser gegen die russischen Angreifer wehren kann. Da die Panzer jedoch aus deutscher Produktion stammen, müsste die von Scholz angeführte Bundesregierung dafür ihre Zustimmung erteilen.

"Wenn man uns fragt, würden wir dem nicht im Weg stehen", sagte Baerbock am Sonntag in einem Interview mit dem französischen Sender LCI in Bezug auf die sogenannten Endverbleibskontrollen. Sie betonte zugleich: "Wir wurden bisher nicht gefragt."

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte dazu am Montag, Polen werde Berlin um die Erlaubnis bitten, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Die Bemühungen Polens um eine Koalition zur Lieferung von Leopard-Panzern zeigten Wirkung. Selbst wenn Deutschland dieser Koalition nicht angehöre, könne Polen die Panzer im Rahmen einer kleineren Koalition liefern.

Auch Dutzende britische Abgeordnete fordern in einem Brief an den deutschen Verteidigungsminister die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine. "Wir verstehen die historischen Gründe für die Zurückhaltung, deutsche und in Deutschland hergestellte Panzer bereitzustellen", zitierte die Zeitung "Sun" am Montag aus dem Schreiben. "Wir möchten Sie jedoch in diesem Moment äußerster Dringlichkeit dringend bitten, Ihre Position zu überdenken und zuzulassen, dass Leopard-2-Kampfpanzer - sowohl deutsche als auch in Deutschland gebaute - in den nächsten Tagen an die Ukraine geliefert werden." Koordiniert wurde das Schreiben der "Sun" zufolge vom Labour-Abgeordneten Chris Bryant. Unterschrieben haben demnach die Vorsitzenden der wichtigsten Parlamentsausschüsse sowie Dutzende weitere Abgeordnete. Zuvor hatten sich bereits Ex-Premierminister Boris Johnson bei einem Besuch in Kiew sowie der britische Außenminister James Cleverly für die Lieferung von Leopard-Panzern ausgesprochen. "Ich würde nichts lieber sehen, als dass die Ukrainer mit Leopard 2 ausgerüstet sind", sagte Cleverly am Sonntag der BBC.