APA - Austria Presse Agentur

Letzte Wahlrunden für May-Nachfolge

Im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May soll das Feld der vier verbliebenen Bewerber an diesem Donnerstag auf zwei reduziert werden. In zwei Wahlgängen wird jeweils der Letztplatzierte rausgekegelt. Die beiden Verbliebenen müssen sich in einer Stichwahl anschließend der Parteibasis stellen.

Boris Johnson gilt dafür bereits als gesetzt. Er konnte seinen Vorsprung vor den anderen Kandidaten am Mittwoch weiter ausbauen. In einer dritten Wahlrunde erhielt der ehemalige Londoner Bürgermeister und Außenminister 143 der 313 Stimmen seiner konservativen Abgeordnetenkollegen.

Ebenfalls eine Runde weiter sind Außenminister Jeremy Hunt (54 Stimmen), Umweltminister Michael Gove (51) sowie Innenminister Sajid Javid (38). Einer von ihnen wird am Donnerstag zum Johnson-Herausforderer bestimmt werden. Mit dem Ergebnis der vierten Wahlrunde wird um 14 Uhr (MESZ) gerechnet. Sollte dann keiner der Kandidaten freiwillig aufgeben, gibt es noch eine fünfte Runde, deren Ergebnis um 19 Uhr feststehen soll.

Nicht mehr im Rennen ist Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, der in der dritten Runde nur 27 Stimmen erhielt und damit hinter sein Ergebnis aus der zweiten Runde zurückfiel.

Stewart, der sich als einziger vehement gegen einen Brexit ohne Abkommen ausgesprochen hatte, war ein Hoffnungsträger vieler proeuropäischer Briten. Zudem galt er als derjenige, der Johnson am ehesten noch hätte gefährlich werden können. Seine Parteikollegen seien noch nicht bereit gewesen für die Wahrheiten, die er ausgesprochen habe, sagte Stewart der BBC nach Verkündung des Ergebnisses am Mittwoch. Dazu zähle, "dass ein No-Deal katastrophal wäre, und dass man keinen neuen Deal mit Europa aushandeln kann".

Den drei verbliebenen Kandidaten wird dagegen kaum zugetraut, Johnson noch ernsthaft in Schwierigkeiten bringen zu können. Sie unterscheiden sich von ihm in ihren Brexit-Plänen ohnehin eher im Ton als in der Substanz. Alle wollen sie das Brexit-Abkommen nachverhandeln. Es gibt daher kaum jemanden, der noch daran zweifelt, dass Johnson Ende Juli zum neuen Premier gekürt wird. Er ist laut Umfragen unangefochtener Spitzenreiter in der Gunst der etwa 160.000 Parteimitglieder. Viele trauen ihm zu, enttäuschte Brexit-Wähler zurückzugewinnen, die sich von den Tories abgewendet haben.

Johnson war einer der Wortführer für den Brexit vor der Volksabstimmung im Jahr 2016. Die Briten hatten sich damals mit knapper Mehrheit für die Trennung von der EU ausgesprochen. Doch der Austritt musste zwei Mal verschoben werden, weil sich im Parlament keine Mehrheit für das von Premierministerin Theresa May mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen fand. Die Frist für die Loslösung von der EU wurde inzwischen bis 31. Oktober verlängert.

Ob Johnson erfolgreicher wäre als May, scheint aber zweifelhaft. Er will von der EU bessere Bedingungen fordern und drohte bereits damit, die bereits vereinbarten Abschlussrechnung nicht zu bezahlen. Die EU lehnt Nachverhandlungen an dem Deal aber kategorisch ab. Einziger Ausweg, um den Austritt trotzdem rechtzeitig zu vollziehen, wäre ein No-Deal-Brexit, auf den viele Johnson-Unterstützer hoffen. Experten rechnen für diesen Fall jedoch mit drastischen Konsequenzen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Bei einer TV-Debatte der BBC am Dienstag ließ Johnson jedoch Zweifel daran aufkommen, ob er es ernst meint mit dem No-Deal. Auf die Frage, ob er einen Austritt am 31. Oktober garantieren könne, antwortete er ausweichend. Fraglich ist aber, ob ihm seine Anhängerschaft eine weitere Verschiebung des EU-Austritts verzeihen würde.