APA - Austria Presse Agentur

Linzer Lentos präsentiert seinen Gründer Wolfgang Gurlitt

Das Lentos Kunstmuseum stellt in der Donnerstag eröffneten Ausstellung "Wolfgang Gurlitt - Zauberprinz" seinen Gründer vor. Der 1888 geborene Kunsthändler und Sammler baute seit 1946 die Neue Galerie der Stadt Linz auf, die er bis 1956 leitete und aus der 2003 das Lentos entstand. Der begnadete Netzwerker nutzte sogar die NS-Zeit für seinen Handel, war Freund und Förderer vieler Künstler.

Die Ausstellung im Lentos gibt umfassenden Einblick in das Leben eines facettenreichen Mannes, das der Kunst leidenschaftlich gewidmet war. Sie spart kein Kapitel aus, so wie auch Gurlitt immer wieder Wege fand, seinen Kunsthandel und seine Ausstellungstätigkeit weiterzuführen. Dem Thema Provenienzforschung - die Zuschreibungen mancher Werke aus seiner Sammlung waren nicht immer ganz korrekt - ist ein ganzer Raum gewidmet. "Die Stadt hat früh mit der Aufarbeitung begonnen", betonte Kuratorin Elisabeth Nowak-Thaller bei einer Presseführung am Donnerstag. Alle 13 Restitutionen des Lentos - wovon ein Bild rückerworben wurde - werden offen gelegt. Es wurden alle Bilder des Museums beforscht, "aber es ist nicht auszuschließen, dass neue Unterlagen auftauchen", sagte Lentos-Direktorin Hemma Schmutz. Es sei ihr wichtig gewesen, das Leben und Wirken Gurlitts umfassend, differenziert und wissenschaftlich aufzuarbeiten.

Im bestechenden, großen Raum des Obergeschoßes sind die meisten der elf Ausstellungskapitel zu sehen, wie etwa "Künstlerfreundschaften", "Museumsnetzwerke", "Verfemt und entartet". Die Ausstellungsarchitektur stammt von Magnus Hofmüller und ist klug ersonnen: Ein Tunnel in der Mitte des großen Raumes bietet den Grafiken - u.a. von Käthe Kollwitz, Gustav Klimt, Lovis Corinth, Egon Schiele - lichtgeschützten Raum. Die Gemälde - u.a. von Max Pechstein, Oskar Kokoschka, Carl Spitzweg - hingegen erstrahlen im Tageslicht.

Mit vielen Künstlern verband den Verleger und Mäzen eine Freundschaft, wie etwa mit Max Pechstein. Allerdings "war Wolfgang Gurlitt ein streitbarer Charakter und Max Pechstein fühlte sich bald eingeengt", erzählte Nowak-Thaller. Auffallend viele Frauen finden sich unter den von Gurlitt vertretenen Künstlern. Etwa Clara Siewert, Jeanne Mammen, deren Auftragswerke für einen homoerotischen Zyklus so noch nie präsentiert wurden, Lotte Laserstein und Käthe Kollwitz. Seine zweite Ausstellung in Linz, "Die schöpferische Frau" widmete der Kunsthändler und Verleger den Künstlerinnen.

Zwei Personen und Gurlitts Verlegerseite ist im Untergeschoß viel Raum gewidmet: Der aus Budapest stammenden Lilly Agoston, Gurlitts Geliebter, und Alfred Kubin, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband. Seine Vertraute verheiratete Gurlitt mit dem Dänen Christiansen, um sie - die jüdischer Herkunft war - in der NS-Zeit vor Schaden zu bewahren. Dadurch war ihr aber als Ausländerin in der Schweiz der Handel möglich. Gemeinsam mit Gurlitt handelte sie mit Raubkunst, gründete mit ihm die Neue Galerie der Stadt Linz. Mit ihrem Tod 1950 brach für Gurlitt eine Welt zusammen, so Nowak-Thaller. Der Kunstmensch lebte in Bad Aussee mit all seinen Frauen zusammen, Ex-Frau, Ehefrau, Geliebter, Töchter. Von Alfred Kubin, dem in der Neuen Galerie ein eigenes Kabinett gewidmet war, gibt es etliche Bücher mit Widmungen an Gurlitt, er schrieb ihm 1947 auch die schönen Zeilen: "Ihre Willens- (oder Zauber)Kraft ist aber so klar, dass die neue städt. Galerie gewiss schwebend glücken wird".

Gurlitt, der früh die Galerie seines Vaters Fritz in Berlin übernahm, und dessen Großvater Louis ein bekannter Landschaftsmaler war, war ein begnadeter Netzwerker. Er war der Cousin von Hildebrand Gurlitt, dessen Kunstsammlung mit seinem Sohn Cornelius 2013 als "Schwabinger Kunstfund" in die Öffentlichkeit kam. Wolfgang Gurlitt war auch in der NS-Zeit in den Handel mit beschlagnahmter Kunst involviert, beim "Sonderauftrag Linz" kam er aber kaum zum Zug, erklärte Nowak-Thaller. Er pflegte einen geschickten Umgang mit Machthabern und half so auch etlichen seiner Künstler in dieser Zeit. Als 1943 seine Wohnung und Galerie in Berlin zerbombt wurden, verlegte er auch seine Geschäfte nach Bad Aussee, wo er seit 1940 mit seiner zweiten Frau ein Haus besaß.

Nach dem Krieg fasste Gurlitt in Linz Fuß, wo 1946 die Neue Galerie vorwiegend mit Werken aus der Sammlung Gurlitt gegründet wurde. 1952/53 erwarb die Stadt 84 Gemälde, 33 Zeichnungen und eine Kubin-Sammlung aus seinem Besitz. 1950 hatte Gurlitt mit dem Aufbau seiner Münchner Galerie begonnen, 1956 verließ er Linz im Streit. Grund war die Konstellation, dass seine Leih- ursprünglich eine Verkaufsgalerie war und Gurlitt sie wie ein Privater weiterführte und die eher saloppe Zuschreibung mancher Werke. Einen Namensstreit gewann er, so musste es bis zur Umgründung zum Lentos "Neue Galerie der Stadt Linz/Wolfgang Gurlitt Museum" heißen. 1965 starb Wolfgang Gurlitt in München.