APA - Austria Presse Agentur

Linzer Prozess um Messerattacke "aus Versehen" vor Urteil

Der Prozess gegen einen 20-Jährigen, der im Oktober des Vorjahres in Linz versucht haben soll, seine 17-jährige Freundin zu töten, stand am Freitag im Landesgericht Linz vor einem Urteil. Der Angeklagte will nicht vorgehabt haben, die Jugendliche zu töten, das Ganze sei "unabsichtlich" oder "aus Versehen" geschehen, sagte er.

Die Anklage wirft dem 20-jährigen aus Afghanistan stammenden Asylwerber, der seit fünf Jahren in Österreich ist, nicht nur einen Mordversuch vor, sondern auch gefährliche Drohung. Denn er wurde nach dem Angriff auf seine Freundin in ein Krankenhaus eingeliefert und soll dort angekündigt haben, er werde "ein Blutbad anrichten" und das, was er mit seiner Freundin gemacht habe, immer wieder tun. Diese während einer Visite gemachte und von einer Pflegerin dokumentierte Äußerung wurde von ihr in der Prozessfortsetzung am Freitag bestätigt.

Der Angeklagte und die 17-Jährige, die in einer Wohngruppe lebt, führten laut Anklage eine On-Off-Beziehung. Sie haben einen gemeinsamen zweijährigen Sohn, der bei einer Pflegefamilie lebt. Es habe häufig Streit über die Besuchsregeln gegeben, schilderte der Angeklagte. Seine Ex-Freundin sagte zu den Gründen für Streit und Beziehungsprobleme hingegen, er sei sehr eifersüchtig gewesen und habe sie auch öfter beschimpft. Er habe auch einmal gesagt, er werde ihr "den Kopf abhacken", wenn sie sich jemand anderem zuwende. Körperliche Übergriffe seien aber zuvor nie vorgekommen.

Am 18. Oktober kam es im Zimmer der 17-Jährigen wieder einmal zu einem Streit des Paares. Im Zuge der Auseinandersetzung soll der 20-Jährige ein Messer aus der Küche genommen und seine Freundin in den Hals gestochen haben. Schließlich sei es ihr irgendwann gelungen, ihm das Messer abzunehmen, daraufhin habe er ein anderes geholt und die Attacke fortgesetzt, schilderte die Staatsanwältin. Insgesamt erlitt die Frau acht Stichverletzungen, großteils am Hals. Die Anklage sieht darin einen Mordversuch. Laut einem medizinischem Sachverständigen waren die Verletzungen potenziell lebensgefährlich, die Halsschlagader wurde nur um Millimeter verfehlt.

Der Angeklagte bekannte sich zwar schuldig, blieb er aber insgesamt vage: Die Verletzung sei in einem Gerangel passiert, "unabsichtlich" oder "aus Versehen". Laut Anklage habe das Opfer den 20-Jährigen angefleht, es die Rettung rufen zu lassen. Er habe dies erst zugelassen nachdem sie zugesagt habe, zu erklären, sie habe sich selbst verletzt. Das gab sie anfangs auch so gegenüber den Ersthelfern an, erst später erzählte sie von der Attacke durch ihren Freund. Dieser kam ebenfalls ins Krankenhaus. Dort soll er sich sehr aggressiv gebärdet und das "Blutbad" angekündigt haben.

Die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner bescheinigte dem Angeklagten Zurechnungsfähigkeit. Sie halte ihn zwar "nicht für ganz ungefährlich", die Notwendigkeit eines Maßnahmenvollzugs sah sie aber nicht. Sie beschrieb den 20-Jährigen als intellektuell nur mäßig begabt, leicht erregbar und mit "einem flexiblen Verhältnis zu Fakten". In früheren Betreuungseinrichtungen sei er mehrmals negativ aufgefallen, u.a. wegen einer "gewissen Affinität zu Messern", auch Drogenprobleme gebe es.

Die Geschworenen zogen sich kurz vor Mittag zur rechtlichen Belehrung und zur Beratung zurück. Das Urteil war am Nachmittag zu erwarten.