APA - Austria Presse Agentur

Liquid Loft erkunden bei ImPulsTanz ein verzerrtes Paradies

Sind es noch Tiere, oder schon Menschen? Oder sind es Maschinen, die dabei sind, die Menschen abzulösen?

Im Wiener MuTh feierte am Donnerstag mit "Still/Stranger Than Paradise" ein in mehrfacher Hinsicht hybrider Abend der heimischen Compagnie Liquid Loft Premiere, mit dem Mastermind Chris Haring einmal mehr beweist, warum die Gruppe international gefeiert wird. Kurz vor Ende des Festivals eindeutig ein Highlight der diesjährigen ImPulsTanz-Ausgabe.

"Stranger than Paradise" kennen Filmfreunde als ironisches Roadmovie in Schwarz-Weiß von Jim Jarmusch, der darin drei verlorene Seelen durch weite Landschaften wandeln ließ. Diese Atmosphäre und den Titel greifen Liquid Loft auf - aber auch nicht mehr. Es ist ein Abend der Assoziationen, sparsam untermalt von Arrangements von Andreas Berger und bearbeiteten Stücken von Penelope Trappes ("The Hair Shirt") und Eurythmics ("Aqua").

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"Still" erlebt das Publikum dabei live auf der Bühne. Zunächst sind es nur eingefrorene Posen, die von einzelnen Akteuren für wenige Sekunden eingenommen werden, während Kollegen achtlos durchs Bild (also über die Bühne) gehen. Doch zunehmend verwandeln sich die Posen in bewegte Motive, die in weiterer Folge immer wieder aufgenommen werden und schließlich zu einer elektrisierenden Dynamik führen, die von Anziehung und Abstoßung, von Vereinzelung und Verschmelzung handelt. In rasendem Tempo werden die fantasievollen, oft knallbunt-glitzernden Kostüme gewechselt, viel nackte Haut kommt zum Vorschein, während Köpfe und erhobene Arme scheinbar im Stoff gefangen sind.

Am Höhepunkt - nach exakt 40 Minuten - folgt ein harter Schnitt und auf der heruntergelassenen Leinwand entspinnt sich ein hypnotisches wie psychedelisches Liebesspiel mit einem Zerrspiegel, vor dem sich zunächst nur ein Akteur bewegt, bevor der Flirt mit dem sich auflösenden und grotesk neu zusammensetzenden Spiegelbild zur Gruppentherapie wird. In gewisser Hinsicht sieht man das zuvor live Präsentierte nun noch einmal - aber natürlich auch nicht.

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"Stranger Than Paradise" feierte im Lockdown Anfang des Jahres bereits als Video-on-Demand Premiere, und zwar nicht als bloß abgefilmte Performance, sondern als Spiel mit der Kamera als teilnehmendem Beobachter, der zwischen Totale und Detail hin und her springt und so Perspektiven ermöglicht, die dem Theaterbesucher üblicherweise verwehrt bleiben. Dabei tauchen Fragen auf: Ist das Mechanische die Erweiterung oder eher das Ende des Körpers? Ist das Animalische ein Fluchtpunkt für die absterbende menschliche Hülle? Und ist die Oberfläche nur perfekte Illusion?

Weiterer Termin zur Aufführung am 14. August, 21 Uhr. Infos und Tickets findest du hier.