Anklage gegen Deutschen im Fall Kellermayr
Das teilte sie am Donnerstag mit. Die Abschiedsbriefe Kellermayrs sowie ein forensisch-psychiatrisches Gutachten würden nahelegen, dass die Nachrichten, die der Angeklagte der Ärztin geschickt haben soll, mitursächlich für deren Suizid gewesen seien.
Dem Mann wird zur Last gelegt, die Ärztin im Zeitraum von Februar bis Juli 2022 in vier E-Mails sowie in drei Twitter-Nachrichten (nunmehr: "X") bedroht zu haben. So soll er angekündigt haben, sie vor ein noch einzurichtendes "Volkstribunal" zu stellen und sie "auf die Anklagebank und dann sicher ins Gefängnis" zu bringen.
Staatsanwaltschaft in Kritik
Unverzüglich nach dem Suizid seien von der Staatsanwaltschaft Wels und einer eigens eingerichteten polizeilichen Arbeitsgruppe "umfangreiche und länderübergreifende Ermittlungsmaßnahmen zur Aufklärung des Tatverdachts und zur Abklärung der näheren Ursachen bzw. Gründe des Suizids veranlasst worden", unterstrich die Anklagebehörde. Dazu zählten u.a. teils "(zeit-)aufwändige Sachverständigengutachten sowie ein forensisch-psychiatrisches Gutachten.
Nach dem Suizid waren 2022 sowohl Polizei als auch Staatsanwaltschaft in Kritik geraten. So hatte sich die Allgemeinmedizinerin von der Exekutive nicht entsprechend ernst genommen gefühlt, weshalb sie dann auch einen privaten Wachdienst für ihre Ordination beauftragte. Die Wiener Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes hatte nach dem Tod der Medizinerin dann deutliche Worte für die oberösterreichischen Strafverfolgungsbehörden gefunden, da sich diese zwischenzeitlich nicht für zuständig sahen. Nachdem sich Tatort und Verdächtige in Deutschland befinden, sei die territoriale Zuständigkeit ursprünglich nicht mehr gegeben gewesen, argumentierte die Staatsanwaltschaft Wels. Anfang August 2022 nahm sie dann doch wieder die Ermittlungen auf.
Unter Berufung auf Medienberichte, denen zufolge Kellermayr seit Herbst 2021 von einem deutschen Verdächtigen "im Weg der Telekommunikation massiv bedroht wurde", hätte das nach Zerbes Dafürhalten bereits ausreichen müssen, um im Inland ein Verfahren wegen beharrlicher Verfolgung nach § 107a StGB einzuleiten. Dass die Tathandlungen des Verdächtigen jedenfalls geeignet waren, die Ärztin in ihrer Lebensführung nachhaltig zu beeinträchtigen, "liegt auf der Hand", so Zerbes.
Die Impfbefürworterin Kellermayr hatte während der Corona-Pandemie über Monate Drohungen per E-Mail und über Soziale Medien - mutmaßlich aus der Impfgegnerszene - erhalten. Am 22. November 2021 hatte sie erstmals Anzeige erstattet. Im Sommer 2022 schloss sie ihre Ordination aus Sicherheitsgründen. Einige Wochen später nahm sie sich das Leben. Gut zwei Jahre nach ihrem Tod wurde nun Anklage gegen den mutmaßlichen Verfasser der Drohungen erhoben.
Der in Deutschland bereits einschlägig vorgemerkte Mann, dem die Staatsanwaltschaft gefährliche Drohung zur Last legt, bestreite nicht, die Nachrichten verfasst und an Kellermayr versendet zu haben, wohl aber den Vorsatz, heißt es in einer Aussendung der Staatsanwaltschaft Wels. Nach der Aussage des Angeklagten hätte es sich lediglich um ein wechselseitiges verbales Streitgespräch gehandelt.
Die Strafdrohung im Fall eines Schuldspruchs beträgt ein bis zehn Jahre Freiheitsstrafe. Ermittlungen in Hinblick auf von anderen Verfassern an die Ärztin geschickten Drohnachrichten würden noch laufen.
Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich.
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