APA - Austria Presse Agentur

Lockdown-Kosten schwer zu schätzen, früher aber billiger

Die Kosten für einen weiteren bundesweiten harten Lockdown - wie er derzeit von mehreren Seiten gefordert wird - sind laut Wirtschaftsforschern nur sehr schwer abzuschätzen. Ein früherer Lockdown wäre aber wahrscheinlich billiger gekommen, sagte der Ökonom Josef Baumgartner vom Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) am Donnerstag zur APA. "Ein Lockdown drei, vier Wochen früher hätte schon weniger wirtschaftlichen Schaden angerichtet", so Baumgartner.

Vor allem für den Tourismus und den Handel wäre so das Vor-Weihnachtsgeschäft und das Weihnachtsgeschäft besser gesichert gewesen. Darüber hinaus wäre man zu einem früheren Zeitpunkt eventuell auch mit weniger drastischen Maßnahmen - beispielsweise mit einem regionalen Lockdown nur in Salzburg und Oberösterreich, wie er inzwischen ohnehin angekündigt ist - durchgekommen. Das sei das Problem mit exponentiell steigenden Fallzahlen: Je länger man zuwartet, umso länger müsse die Maßnahme andauern, um von den bestehenden Fallzahlen wieder herunterkommen. "Da sind zwei Wochen eine lange Zeit", sagte der Volkswirt.

"Das hat man jetzt vergeigt, das muss man so sagen," so Baumgartner. Allerdings sei es nun "vergossene Milch", darüber zu reden, was gewesen wäre, wenn man früher zugemacht hätte.

"Eine konkrete Einschätzung zu geben, was das BIP-mäßig heißt, ist sehr schwierig", so der Ökonom zu einem möglichen vierten Lockdown. Im ersten Lockdown sei der wöchentliche BIP-Verlust mit 1,7 bis 1,8 Mrd. Euro pro Woche jedenfalls am höchsten gewesen. Dieser sei aber nur eine bedingt gute Benchmark, da damals auch der produzierende Bereich stark eingeschränkt war.

Im zweiten Lockdown war es mit 800 Mio. Euro pro Woche aber schon deutlich weniger Schaden, im dritten Lockdown belief sich der BIP-Verlust auf etwas mehr als 1 Mrd. Euro wöchentlich. Auch Helmut Hofer vom Institut für höhere Studien (IHS) sagte in einer Stellungnahme gegenüber der APA, dass die Wachstumsverluste im Pandemieverlauf geringer geworden seien.

Bezieht man mit ein, dass viele Unternehmen mittlerweile besser auf Lockdowns eingestellt sind als zu Beginn der Pandemie - Stichwort Click and Collect im Handel und Take-Away in der Gastronomie - könnten die Kosten eventuell niedriger ausfallen als bei den früheren Lockdowns und nur noch bei 500 oder 600 Mio. Euro wöchentlich liegen, betont Baumgartner. Das seien aber nur sehr grobe Schätzungen.

Zudem gebe es viele weitere Faktoren, die man bedenken müsse. So könnte durch eine wieder stärkere Verlagerung zum Online-Handel Wertschöpfung für Österreich auch verloren gehen und der BIP-Verlust dadurch stärker ausfallen. Auch im Tourismus, der sich bereits vehement für einen sofortigen Lockdown ausgesprochen hat, können die Auswirkungen je nach Region variieren. Für den Skitourismus in den westlichen Bundesländern sei weniger der Herbst, aber vor allem das Geschäft über die Weihnachtsferien entscheidend, während beispielsweise Thermenbetriebe im Osten bereits im Herbst und vor Weihnachten sehr gut besucht seien.

Die Industrie dürfte dagegen generell etwas weniger von einem harten Lockdown betroffen sein. Sie habe aber derzeit andere Probleme wie steigende Rohstoffpreise und nach wie vor stockende Lieferketten, so Baumgartner. Auch Hofer sieht die Industrie eher von höheren Krankenständen in der Belegschaft betroffen als von einem Lockdown an sich.

Um stark steigende Insolvenzzahlen bei einem weiteren Shut-Down wegen bereits ausgelaufener Hilfsmaßnahmen macht sich Baumgartner derzeit weniger Sorgen. Er geht davon aus, dass die ausgelaufenen Hilfsmaßnahmen - falls nötig - relativ rasch wieder eingeführt werden können. Mittlerweile wisse man auch, welche Hilfen sich bewährt hätten und welche weniger. "An dem sollte es eigentlich nicht scheitern", so der Wifo-Experte.

Die große Frage sei aber letztlich, was nun wirklich kommt - ein Lockdown nur für Oberösterreich und Salzburg oder für ganz Österreich. Das lasse sich bisher noch nicht genau sagen, so Baumgartner.