Corona: Lockdown macht Freude in Museen, Ernüchterung in Theatern

Die Regierungsspitze verkündete nach dem Ministerrat Teilerleichterung für die Kultur
Sie freue sich sehr, "dass die Öffnung der Museen, Bibliotheken, Büchereien und Archive wieder unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen möglich ist", erklärte Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer am Mittwochnachmittag zu den ab Montag geltenden Lockdown-Bestimmungen im Kulturbereich.

"Wir Menschen brauchen auch geistige und kulturelle Nahrung - ich bin froh, dass wir das zumindest in diesem Bereich wieder ermöglichen können." Da die epidemiologische Situation aber nach wie vor besorgniserregend sei, seien "leider weiterhin keine Kulturveranstaltungen mit Publikum möglich. Ich bedaure das sehr, es sind aber nach wie vor leider notwendige Maßnahmen. Die Bundesregierung wird alles daran setzen, möglichst bald einen weiteren Ausblick geben zu können, um auch den Veranstaltern, den Theater, Opern- und Konzerthäusern einen Planungshorizont für 2021 geben zu können", so Mayer in einer Aussendung.

Für ICOM Österreich, das Österreichische Nationalkomitee des UNESCO-assoziierten International Council of Museums, freute sich Präsidentin Bettina Leidl: "Gerade jetzt bieten Museen die Gelegenheit, sich während der Weihnachtsfeiertage sinnliche, emotionale und ästhetische Erlebnisse zu holen. Ich freue mich, dass die Museen in der Pandemie einen wesentlichen Betrag für die Gesellschaft leisten können!" Museen seien "Orte der Auseinandersetzung, für die wir uns Zeit nehmen sollten. Austausch, Information, Wissenserweiterung, politische Bildung, Erinnerung, Gedenken und vor allem die Freude am Kennenlernen von etwas Anderem - Themen, Orten, Dingen, Geschichten und Menschen."

Ähnlich Ingried Brugger, die Chefin des Bank Austria Kunstforum in Wien: "Ich freue mich natürlich riesig, nämlich aus mehrerlei Gründen: 1.) Weil es für mich unverständlich geblieben wäre, wenn Museen und Ausstellungshäuser geschlossen hätten bleiben müssen, während Shopping-Center besucht hätten werden können. Die Fähigkeit der Politik, endlich zu differenzieren, ist durchaus erfreulich. 2.) Weil es lässig ist, dass wieder Menschen unsere Richter-Ausstellung sehen werden können; und die von Herta Müller, die wir kommende Woche eröffnen werden. 3.) Weil sich auch mein Team freut, das alle erdenklichen Präventiv-Maßnahmen verinnerlich hat und verbessern wird, um einen ebenso inspirierenden wie tröstenden und sicheren Ausstellungsbesuch zu ermöglichen", so Brugger in einem Statement gegenüber der APA.

"Ich freue mich sehr, dass die Österreichische Nationalbibliothek ihre Lesesäle und Museen wieder öffnen darf", ließ Generaldirektorin Johanna Rachinger die APA auf Nachfrage wissen. "Und ich denke, dass die kulturinteressierte Öffentlichkeit ebenso erfreut ist. Gerade in einer für viele belastenden Zeit sind Orte wie Bibliotheken und Museen eine große Bereicherung für viele Menschen."

Wenig Freude herrscht dagegen bei den Theatern, die erst am 7. Jänner wieder aufsperren dürfen. "Angesichts der Infektionszahlen, die noch immer sehr hoch sind, ist die Verlängerung für uns voraussehbar gewesen. Wir hatten mit Beginn des zweiten Lockdowns gesagt, dass wir die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie als Theater mittragen. Wir wollen auf keinen Fall in einer Wellenbewegung von einem Lockdown zum nächsten schlittern. Das will sowieso niemand, und unsere Regierung muss das jetzt verlässlich in den Griff bekommen", meinte Burgtheater-Direktor Martin Kusej zur APA. "Nachdem die Politik inzwischen sagt, dass die Entwicklung nun besser einzuschätzen ist, muss auch das Datum für eine Wiedereröffnung der Theater festgelegt werden. Wir brauchen als Theater und Kulturveranstalter Vorlauf und Gewissheit für Planung und Vorbereitung, d. h. dieser Termin muss haltbar sein. Unsere Präventionskonzepte sind sehr gut durchdacht und ausgefeilt, sodass wir damit öffnen können und hier nicht nachjustiert werden muss. Das Publikum war bisher fantastisch und äußerst diszipliniert - von unserer Seite her ist alles dafür vorbereitet, dass wir mit Freude, Kreativität und Spaß wieder Vorstellungen spielen können. Und wir möchten vor allem gerne jene Premieren zeigen, an denen das Burgtheater seit Wochen mit aller Kraft gearbeitet hat."

Der neue Volkstheater-Direktor Kay Voges, der seinen Auftakt im frisch sanierten Haus für den 8. Jänner angesetzt hat, zeigt sich gegenüber der APA vorsichtig optimistisch: "Für uns wäre der 7. Jänner natürlich eine Punktlandung. Wir müssen jedoch die endgültige Entscheidung und die damit verbundenen Maßnahmen abwarten. Bis dahin arbeiten wir weiterhin an unseren geplanten Projekten und freuen uns auf unser Eröffnungsprogramm."

Deutlich kritischere Worte fand Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren: "Weiter zu, wieder offen - das Szenario für die Kunst und Kultur beginnt sich zu wiederholen. Kunst und Kultur wurden - ausgenommen Bibliotheken und Büchereien - mit dem ersten Einstieg in den zweiten Lockdown geschlossen und kehren beim Ausstieg aus dem zweiten Lockdown gemeinsam mit den Museen und Galerien wieder ins öffentliche Leben zurück. Für alle anderen im Kunst- und Kulturbereich zeichnet sich eine wenig erfreuliche Perspektive für viele kommende weitere Wochen ab." Es sei zu befürchten, dass die Zahlen aufgrund der Handels- und Schulöffnungen hoch bleiben und nach einiger Zeit eher wieder steigen werden. "So verständlich es ist, dass man nicht tatenlos zusehen kann, wie das Weihnachtsgeschäft ruiniert wird, so unverständlich ist es aber andererseits auch, geschieht nichts, um Schäden im Kunst- und Kulturbetrieb abzuwenden." Eine Öffnung der Kunst- und Kulturbetriebe sei wohl kein größeres Gesundheitsrisiko als die Öffnung des Handels für das Weihnachtsgeschäft.

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